Zu Beginn der Heizperiode Russland attackiert ukrainische Gasinfrastruktur wie nie zuvor
03.10.2025, 16:06 Uhr Artikel anhören
Seit nunmehr vier Jahren beschießt das russische Militär immer wieder die Energieinfrastruktur der Ukraine während der Heizsaison. (Archivbild)
(Foto: picture alliance/dpa/Ukrinform)
Es gehört leider schon zur Gewohnheit: Beginnt die kalte Jahreszeit, attackiert Russland die ukrainische Energie-Infrastruktur, um die Bevölkerung mürbe zu machen. Einen so schweren Angriff wie nun gab es bisher jedoch nicht. Kiew hat sich jedoch vorbereitet.
Russland hat nach ukrainischen Angaben den bisher größten Angriff seit Kriegsbeginn auf die Erdgas-Infrastruktur des Landes geflogen. Die Moskauer Truppen haben in der Nacht 35 Raketen und 60 Drohnen auf Anlagen des staatlichen Energiekonzerns Naftogaz in der östlichen Region Charkiw und in der zentralen Region Poltawa abgefeuert, teilte Naftogaz-Chef Serhij Korezkyj mit. Es handle sich um den bislang schwersten Angriff auf Einrichtungen seines Unternehmens. "Ein erheblicher Teil unserer Anlagen wurde beschädigt. Einige der Zerstörungen sind schwerwiegend", fügte Korezkyj auf Facebook hinzu. Es gebe keinen militärischen Grund für diese Angriffe. Dies sei ein weiterer Ausdruck russischer Böswilligkeit mit dem Ziel, die Energieversorgung zu Beginn der Heizperiode zu stören.
Das russische Verteidigungsministerium bestätigte massive nächtliche Angriffe auf die Gas- und Energieinfrastruktur sowie auf Rüstungsbetriebe in der Ukraine. Der größte private Energieversorger der Ukraine, DTEK, teilte mit, er habe nach dem Angriff den Betrieb an mehreren Standorten in der Region Poltawa eingestellt. Mehr als 8000 Verbraucher waren dem Regionalgouverneur zufolge ohne Strom. Die Ukraine bereitet sich derzeit auf die bevorstehende Heizperiode vor und hat ihre Gasimporte aus Furcht vor einer Störung der heimischen Versorgung erhöht. Bis Mitte Oktober sollen 13,2 Milliarden Kubikmeter Gas eingelagert werden.
Russland hat wenige Monate nach Kriegsbeginn im Herbst 2022 damit begonnen, die Energieinfrastruktur der Ukraine unter Beschuss zu nehmen. Im vergangenen Winter war die ukrainische Erdgasfördermenge nach Regierungsangaben aufgrund der russischen Angriffe um die Hälfte zurückgegangen. Der Internationale Strafgerichtshof bezeichnete die russischen Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur im Jahr 2024 als Kriegsverbrechen.
Schutzhülle um AKW Tschernobyl ohne Strom
Kurz vor dem vierten Kriegswinter hat Russland seine Angriffe auf den ukrainischen Energiesektor nochmals verstärkt. Diese haben bereits zu längeren Stromausfällen in mehreren Regionen geführt. Ein Drohnenangriff am Mittwoch unterbrach für drei Stunden die Stromversorgung des 1986 havarierten Atomkraftwerks Tschernobyl und des Sarkophags, der den Austritt von Strahlung verhindern soll.
Kiew reagiert eigenen Angaben zufolge mit Drohnenangriffen auf russische Ölraffinerien. Die ukrainischen Streitkräfte hätten eine Raffinerie etwa 1400 Kilometer von der Front entfernt in der russischen Region Orenburg getroffen, hieß es aus Kreisen des ukrainischen Inlandsgeheimdiensts SBU. Der russische Gouverneur der Region erklärte in Onlinediensten, eine Drohne habe eine Industrieanlage getroffen, ohne weitere Details zu nennen.
Quelle: ntv.de, als/rts/AFP