Politik

Eigener Partriarch in Ukraine Russland sieht Abspaltung als "Provokation"

Der Patriarch der Ukranisch-orthodoxen Kirche, Filaret (M), hält einen Gottesdienst in der Volodymysky Kathedrale in Kiew.

Der Patriarch der Ukranisch-orthodoxen Kirche, Filaret (M), hält einen Gottesdienst in der Volodymysky Kathedrale in Kiew.

(Foto: Efrem Lukatsky)

Mit der Entscheidung zur Loslösung der ukrainisch-orthodoxen Kirche von Moskau, vertieft sich der Konflikt zwischen der Ukraine und Russland weiter. Die russische Regierung beschuldigt die USA der Einmischung und kündigt harte Reaktionen an.

Der Kreml hat vor schweren Folgen des ukrainischen Strebens nach kirchlicher Unabhängigkeit von Russland gewarnt. Mit einem solchen Schritt könnte die orthodoxe Welt gespalten werden, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. "Wir sind sehr besorgt darüber." Unterdessen kündigte die Ukraine ein hartes Durchgreifen an, sollten Demonstranten Kirchen besetzen. "Auf dass es keine Überraschung für alle "Hitzköpfe" wird", erklärte Innenminister Arsen Awakow in Kiew.

Hintergrund seiner Warnung ist der für kommenden Sonntag geplante Marsch von Nationalisten zum Tag der Verteidiger der Ukraine. Allein in der Hauptstadt Kiew werden dazu bis zu 20.000 Teilnehmer erwartet. Vertreter der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, die sich mit Moskau verbunden fühlen, hatten die Befürchtung geäußert, dass aus den Demonstrationen heraus Kirchen und Klöster besetzt werden könnten.

Die Bischofskonferenz unter Vorsitz des ökumenischen Patriarchen Bartholomaios hatte am Donnerstag die 332 Jahre alte Zuordnung der Ukraine zum Moskauer Patriarchat widerrufen. Demnach übernahm Bartholomaios wieder die kirchliche Oberhoheit über die Ukraine, was als Zwischenschritt zur Autokephalie (Unabhängigkeit) der Kirche in der Ex-Sowjetrepublik gilt. "Es wird eine ukrainische orthodoxe Ortskirche geben", kommentierte Präsident Petro Poroschenko in Kiew die Entscheidung. "Das Imperium verliert einen der letzten Einflusshebel auf die ehemalige Kolonie", sagte er Richtung Moskau.

Russland kündigt harte Reaktion an

Kremlsprecher Peskow entgegnete, er wisse von einer harten und konsequenten Reaktion der russisch-orthodoxen Kirche auf die Entscheidung der Bischofskonferenz unter Vorsitz von Bartholomaios. Russland werde die Interessen der Orthodoxen in der Ukraine schützen, unterstrich der Sprecher von Präsident Wladimir Putin. Das werde ausschließlich auf politischem und diplomatischem Weg geschehen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow unterstellte den USA, sich in den Religionsstreit einzumischen. Die Entscheidung des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel zur Zulassung einer eigenständigen ukrainisch-orthodoxen Kirche sei eine "Provokation", die "mit direkter öffentlicher Unterstützung aus Washington" geschehen sei, kritisierte Lawrow in Moskau. Washington unterstützte den ökumenischen Patriarchen Bartholomaios direkt und öffentlich, sagte er mehreren französischen Medien nach einem auf der Internetseite seines Ministeriums veröffentlichten Statement. Im September hatte der US-Religionsbotschafter Sam Brownback bei Treffen mit der Führung in Kiew das Streben nach kirchlicher Unabhängigkeit von Moskau unterstützt. Zuvor hatte der US-Diplomat im April in Istanbul Bartholomaios getroffen.

Die Ukraine ist laut Verfassung ein säkularer Staat. Poroschenko sieht seinen Einsatz für die kirchliche Unabhängigkeit auch als Teil der Kampagne zu seiner Wiederwahl im kommenden Jahr. Unterdessen rief die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche die Bischöfe anderer orthodoxer Kirchen und auch des Moskauer Patriarchats zur Vorbereitung eines Einigungskongresses auf. Dem könnten sich Bischöfe des Moskauer Patriarchats anschließen.

"Der Vereinigungsprozess der ukrainischen Orthodoxie soll freiwillig, friedlich und ohne Zwang stattfinden", hieß es in einer Erklärung von Patriarch Filaret. In einer Mitteilung des Moskauer Patriarchats warf Metropolit Antonij Patriarch Bartholomaios vor, "auf den Pfad der Spaltung der weltweiten Orthodoxie" geraten zu sein. An der grundlegenden Situation habe sich nichts geändert. Die Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats bleibe die einzige kanonische (gesetzliche) Kirche der Ukraine. "Spalter bleiben Spalter. Sie haben weder die Autokephalie noch einen Tomos (Erlass) erhalten." Am kommenden Montag wird im weißrussischen Minsk eine Bischofskonferenz der Russisch-Orthodoxen Kirche erwartet, auf der über eine Reaktion auf die jüngste Entwicklung beraten werden soll.

Quelle: ntv.de, lle/dpa/AFP

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