Geheimgespräche aufgeflogen Russland und China planen wohl Krim-Unterseetunnel
24.11.2023, 11:15 Uhr Artikel anhören
Blick auf die Meerenge von Kertsch. Mit einem Tunnel soll eine weitere Verbindung zur Krim entstehen.
(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)
Die Krim-Brücke nutzt Russland für Nachschub an die ukrainische Frontlinie. Die Verbindungslinie war allerdings schon dem Raketenbeschuss der Ukraine ausgesetzt. Einem Bericht zufolge soll ein gigantischer Tunnel die Lösung sein - Hilfe könnte dabei aus China kommen.
Regierungsnahe russische und chinesische Geschäftsleute haben geheime Gespräche über Pläne zum Bau eines Unterwassertunnels geführt, der Russland mit der Krim verbinden soll. Das berichtet die "Washington Post". Dahinter steckt offenbar die Hoffnung, eine Transportroute zu schaffen, die vor Angriffen der Ukraine geschützt wäre.
Auslöser der Gespräche sollen die wachsenden russischen Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der rund 18 Kilometer langen Brücke über die Straße von Kertsch sein. Die Brücke, die nach der Krim-Annexion 2014 im Rekordtempo erbaut wurde, dient als wichtige Logistiklinie für das russische Militär. Allerdings bleibt sie eines der wichtigsten Ziele des ukrainischen Militärs und wurde bereits zweimal von der Ukraine bombardiert.
Nach ausbleibenden Erfolgen im Ukraine-Krieg will Russland laut Analyst Alexander Gabujew durch einen Tunnel zumindest die Versorgung an die Frontlinie sicherstellen. Es bestehe "das Risiko, dass die Ukraine versuchen wird, die Brücke von Kertsch dauerhaft zu stören".
Teures Unterfangen
Wie die Zeitung berichtet, sehen US-Experten große Probleme, sollte der Bau in der Nähe der bestehenden Brücke geplant sein. Zum einen würden sich die Kosten auf mehrere Milliarden Dollar belaufen, dazu habe noch niemand ein solches Unterfangen in einem Kriegsgebiet versucht.
E-Mails deuten laut dem Bericht darauf hin, dass mit Chinese Railway Construction Corporation (CRCC) eines der größten Bauunternehmen Chinas seine Bereitschaft zur Teilnahme an dem Projekt signalisiert hat. Die Nachrichten wurden der "Washington Post" von ukrainischen Beamten zur Verfügung gestellt, die damit die mögliche Beteiligung Chinas aufdecken wollten. Die Gründung eines chinesisch-russischen Konsortiums auf der Krim soll ebenfalls eine Bestätigung für die Tunnelbaupläne sein. Der Zeitung liegen Akten zur Unternehmensregistrierung vor.
Im E-Mail-Verkehr heiße es, CRCC sei "bereit, den Bau von Eisenbahn- und Straßenbauprojekten jeglicher Komplexität in der Krim-Region sicherzustellen". Das staatliche Unternehmen hat viele der größten Straßen- und Schienennetze in China gebaut und in den letzten Jahren durch Projekte wie den Ausbau der Moskauer U-Bahn enge Beziehungen zu Russland geknüpft.
Chinesen bitten um Geheimhaltung
Auf russischer Seite werden keine Personen genannt, die am Konsortium beteiligt sind -was eine gängige Praxis ist, um sich westlichen Sanktionen zu entziehen. Auch CRCC würde das Projekt am liebsten geheim halten. In einer Mail wird betont, dass CRCC nur unter der "strikten Bedingung absoluter Vertraulichkeit" teilnehmen und der Name des Unternehmens in allen Verträgen durch "eine andere, nicht verbundene juristische Person" ersetzt werde. Auch eine chinesische Bank wird über die Mails ins Spiel gebracht, die bereit ist, "ihre Dollar-Gelder in Rubel umzuwandeln, um sie auf die Krim zur Finanzierung von Projekten des zu transferieren".
Experten für große internationale Verkehrsprojekte erklärten der "Washington Post", dass der Bau eines Tunnels unter der Meerenge von Kertsch technisch machbar sei und China über das nötige Know-how und die erforderliche Ausrüstung verfüge. Dennoch wäre es ein riesiges Unterfangen - vergleichbar mit dem Fehmarnbelttunnel zwischen Dänemark und Deutschland, der seit acht Jahren im Bau ist. Das Projekt kostet mehr als 8,7 Milliarden Dollar und wäre bei seiner Fertigstellung gegen Ende des Jahrzehnts der längste Tunnel Europas.
Entsprechend gilt es als unwahrscheinlich, dass der Tunnel von Kertsch rechtzeitig fertiggestellt werden kann, um Russland bei seinen Kriegsanstrengungen zu unterstützen. Moskau könnte ihn jedoch als eine längerfristige Investition betrachten, die eine sichere Verbindung zu einem Gebiet schaffen soll, das jahrzehntelang umkämpft sein könnte.
Quelle: ntv.de, mba