Politik

Ukraine droht Kriegsrecht an Russland zieht Truppen zusammen

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Die Waffenruhe in der Ostukraine ist höchst fragil. 50.000 Soldaten unter dem Kommando Kiews sind dort stationiert. Präsident Poroschenko droht den Separatisten mit dem Kriegsrecht. Russland zieht derweil Militärgerät und Truppen im Grenzgebiet zusammen.

Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat angesichts der kampfbereiten prorussischen Separatisten im Konfliktgebiet Donbass die Verhängung des Kriegsrechts angedroht. Sollte es einen Angriff auf das Militär geben, werde er den Kriegszustand ausrufen, sagte der Staatschef. In der Ostukraine seien 50.000 Soldaten stationiert, betonte er. Im Fall des Kriegsrechts droht dem fast bankrotten Land unter anderem ein Ende der Kredite vom Internationalen Währungsfonds (IWF).

"Die Ukraine wird nicht ihre Bereitschaft zum Krieg zeigen, sondern zum Sieg und zur Verteidigung, zum Frieden", sagte der 49-Jährige zum ersten Jahrestag seiner Wahl. Die ukrainischen Soldaten seien anders als noch vor einem Jahr eine "mächtige Gruppierung". In dem Land sind zudem Hunderte Militärausbilder aus den USA, Großbritannien und bald auch aus Kanada im Einsatz.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) reist am Freitag zu Gesprächen mit der ukrainischen Staatsführung nach Kiew und danach in die Ostukraine weiter. Nach Angaben des Auswärtigen Amts will er damit "ein Signal der Unterstützung und Ermutigung" an die Ukraine senden, ihren "rigorosen Reformkurs" trotz der "schwelenden Krise" fortzusetzen. Im ostukrainischen Dnjepropetrowsk ist ein Treffen mit Mitgliedern der Beobachtermission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geplant.

Nach ukrainischen Angaben stehen dem Militär etwa 40.000 von Russland unterstützte Separatisten gegenüber. Trotz des in der weißrussischen Hauptstadt Minsk Mitte Februar vereinbarten Waffenstillstands werden im Donbass beinahe täglich Menschen bei Scharmützeln getötet.

Russische Zugladungen zur Grenze

Zusätzlich zieht das russische Militär im Grenzgebiet zur Ukraine offenbar massenhaft Truppen und Kriegsgerät zusammen. Auf einem provisorischen Stützpunkt etwa 50 Kilometer vor der Grenze kamen in den vergangenen Tagen ganze Zugladungen mit Soldaten und Militärfahrzeugen an, darunter rund 30 Panzer, wie eine Reporterin der Nachrichtenagentur Reuters beobachtet hat. Auch etwa 30 mobile Raketenwerfer vom Typ "Uragan" und zahlreiche Geschütze wurden im Stützpunkt Kusminski gesichtet.

Damit befindet sich dreimal so viel Militärgerät vor Ort wie im März. Dies könnte einer der bislang eindeutigsten Hinweise auf einen gezielten Truppenaufbau in der Region sein - womöglich mit der Absicht, die Rebellen in der Ostukraine bei einer neuen Offensive gegen die Regierungstruppen zu unterstützen. Für die Annahme spricht einiges: Viele der russischen Militärfahrzeuge haben keine Nummerschilder, andere Erkennungszeichen wurden ebenfalls entfernt. An den Uniformen der Soldaten fehlen die Abzeichen. Damit sehen sie wie Angehörige der Kampfverbände in der Ostukraine aus, die die Regierung in Kiew und der Westen für Angehörige einer verdeckten russischen Operation hält. Auch die Waffen sind genau diejenigen, die in den Kämpfen zum Einsatz kommen.

Das Verteidigungsministerium in Moskau wollte sich nicht äußern. Der Sprecher von Präsident Wladimir Putin erklärte auf eine Nachfrage zu dem Kriegsgerät: "Ich finde die Formulierung dieser Frage, 'ob eine Invasion vorbereitet wird', an sich unangebracht". Die russische Regierung wird nicht müde zu betonen, dass sie an dem Konflikt in der Ukraine nicht direkt beteiligt ist.

"Wie könnte es freiwillig sein?"

Walentina Melnikowa, Vorsitzende der russischen Menschenrechtsorganisation "Komitee der Soldatenmütter" sieht das anders: Die Rekruten würden in die Region Rostow an der Grenze zur Ukraine gebracht. Von dort gehe es weiter ins Nachbarland. Vorher unterzeichneten sie Papiere, dass sie auf eigenen Wunsch handelten. "In Wirklichkeit ist es ein Befehl", befindet Melnikowa. "Wie könnte es freiwillig sein? Sie sind Soldaten." Ihre Angaben konnten nicht überprüft werden.

Die russischen Soldaten auf dem Stützpunkt Kusminski halten sich bedeckt. Sie seien lediglich für eine Militärübung dorthin verlegt worden, erklären sie. Von der Basis führt eine provisorische Straße direkt zur ukrainischen Grenze. Sie ist frisch planiert und könnte nun auch von schweren Fahrzeugen leichter befahren werden. Westliche Beobachter rechnen damit, dass die ohnehin brüchige Waffenruhe in der Ostukraine schon bald wieder nichtig ist. Nato-Oberbefehlshaber Philip Breedlove sagte jüngst, er gehe davon aus, dass sie von den prorussischen Separatisten ausgenutzt werde, um sich neu zu bewaffnen und eine Offensive vorzubereiten. Einzelheiten nannte er nicht.

Quelle: ntv.de, rpe/rts/AFP/dpa

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