Scholz: Für Respekt, gegen Putin SPD feiert Geburtstag - ein Altkanzler muss draußen bleiben
23.05.2023, 16:48 Uhr Artikel anhören
Bundeskanzler Scholz will mit seiner Partei nach vorne blicken.
(Foto: picture alliance/dpa)
Sie ist die mit Abstand älteste Partei Deutschlands: Die SPD will zum 160. Geburtstag nach vorne schauen. Doch die Geister der Vergangenheit lassen sie nicht recht los. Einer, der mal ihr Vorsitzender und Kanzler war und der Partei heute nur noch Ärger bereitet, ist nicht zur Party eingeladen.
Am 160. Geburtstag der SPD hat Bundeskanzler Olaf Scholz seine Partei dazu aufgerufen, für eine Gesellschaft des Respekts zu kämpfen und den Klimaschutz nicht den Grünen zu überlassen. Den klimagerechten Umbau der Wirtschaft nannte er bei einem Festakt in der Berliner Parteizentrale eine "historische" Aufgabe. "Das ist kein Thema einer ganz bestimmten Partei, wie manche immer noch meinen - das ist eine existenzielle Transformation", sagte er mit Blick auf die Grünen, mit denen Scholz in der Ampel-Koalition seit eineinhalb Jahren regiert.
Respekt ist das Leitmotiv von Scholz' Kanzlerschaft, mit dem er 2021 auch in den Wahlkampf zog. "Die Sozialdemokratie des 21. Jahrhunderts muss einstehen für eine Gesellschaft des Respekts", sagte er in seiner Festrede. "Respekt, das heißt, dass niemand auf andere herabschaut, weil er oder sie sich selbst für stärker hält, für gebildeter, für reicher oder für besonders woke."
Scholz kritisiert Putins "imperialistischen Wahn"
Scholz rief seine Partei auch auf, im Ringen um die Zukunft Europas Flagge zu zeigen. Der Ukraine sagte er eine Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union nach dem Ende des russischen Angriffskriegs fest zu. "Diesen Krieg darf und wird Russland nicht gewinnen", sagte er. "Dieses bittere Kapitel der Geschichte unseres Kontinents, heraufbeschworen von Wladimir Putin in seinem imperialistischen Wahn, wird damit enden, dass sich die freie Ukraine als vollwertiges Mitglied der Europäischen Union anschließt."
Auf die viel kritisierte Russland-Politik der SPD in den Jahren vor der russischen Invasion in der Ukraine ging Scholz nicht ein. Seinen Vorgänger Gerhard Schröder erwähnte er in seiner Rede nur, als es um das Spannungsverhältnis zwischen programmatischem Anspruch der SPD und Pragmatismus ging. Schröder wurde zu der Festveranstaltung nicht eingeladen, auch wenn ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn wegen seiner Nähe zu Putins Russland in der letzten Woche endgültig gescheitert ist. Die Parteispitze will ihn isolieren.
Auch SPD-Chef Lars Klingbeil erwähnte Schröder in seiner Rede nicht. Stattdessen verteidigte er die Ost-Politik des SPD-Kanzlers Willy Brandt (Amtszeit 1969 bis 1974), der eine Annäherung an die Sowjetunion und die Staaten des Warschauer Paktes vorantrieb. Dies sei "revolutionär" gewesen und Brandt habe dafür zu Recht den Friedensnobelpreis bekommen. Klingbeil kritisierte Versuche, Fehleinschätzungen mit Blick auf Russland Brandt anzulasten. "Die Ost-Politik von Willy Brandt hat in unserer Partei einen besonderen Platz", betonte er.
Klingbeil warb in seiner Rede zudem dafür, dass die SPD zur Partei der Zuversicht und des Optimismus werde. Er räumte ein, dass die SPD zwar "nicht die schrillste, nicht die lauteste, manchmal vielleicht auch nicht die hippste Partei" sei. Was zählt, sei aber etwas anderes: "Brücken in der Gesellschaft zu bauen, ist uns wichtiger, als eine reißerische Überschrift."
Esken will "Out of the box"-Denken
Co-Parteichefin Saskia Esken forderte ihre Partei auf, auch mal "out of the box" zu denken, also Ideen zu entwickeln, die sich vielleicht nicht sofort umsetzen lassen. Als Beispiel nannte sie ihren Vorstoß für eine Vier-Tage-Woche. "Ich find's jetzt erstmal gut, dass alle darüber sprechen", sagte sie.
Der 23. Mai gilt als Geburtstag der SPD, weil Ferdinand Lassalle an diesem Tag im Jahr 1863 im Leipziger Pantheon den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein (ADAV) gegründet hat, die erste Arbeiterpartei für ganz Deutschland. Sie war der erste Vorläufer der heutigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, die seit 1890 so heißt.
In den 160 Jahren ihres Bestehens stellte sie ein knappes Vierteljahrhundert den Regierungschef in Deutschland. In der Weimarer Republik gab es vier Reichskanzler aus der SPD, die aber insgesamt nur gut drei Jahre regierten. In der Bundesrepublik ist Olaf Scholz der vierte Kanzler seiner Partei nach Willy Brandt (1969 bis 1974) Helmut Schmidt (1974 bis 1982) und Gerhard Schröder (1998 bis 2005).
Die SPD ist mit rund 380.000 Mitgliedern zum Ende des vergangenen Jahres weiterhin mitgliederstärkste Partei Deutschlands, obwohl sie in den vergangenen Jahren dramatisch geschrumpft ist. 1990 hatte die Partei noch mehr als 940.000 Mitglieder.
Quelle: ntv.de, hny/dpa