"Wir beraten aus gutem Grund" Scholz erwägt Kauf von Raketenschutzschirm
27.03.2022, 23:54 Uhr
Scholz hatte nach Beginn des Ukraine-Kriegs ein 100-Milliarden-Euro-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr angekündigt.
(Foto: dpa)
Das israelische Flugabwehrsystem "Arrow 3" kann Langstreckenraketen hoch über der Erde zerstören. Bundeskanzler Scholz bestätigt nun, dass er über die Einrichtung eines solchen Schutzschildes für Deutschland nachdenkt, da Russlands Präsident Putin "bereit ist, Gewalt anzuwenden".
Bundeskanzler Olaf Scholz erwägt die Errichtung eines Raketenschutzschilds für ganz Deutschland nach israelischem Vorbild. "Das gehört ganz sicher zu den Dingen, die wir beraten aus gutem Grund", sagte der SPD-Politiker in der ARD-Sendung "Anne Will" auf die Frage, ob wie in Israel ein "Iron Dome" (Eiserne Kuppel) über das Land gespannt werden soll. Zur Begründung sagte er mit Blick auf Russland: "Wir müssen uns alle darauf vorbereiten, dass wir einen Nachbarn haben, der gegenwärtig bereit ist, Gewalt anzuwenden, um seine Interessen durchzusetzen. Deswegen müssen wir uns gemeinsam so stark machen, dass das unterbleibt."
Zu den Details wollte Scholz sich aber noch nicht äußern. "Ich habe mir vorgenommen, jetzt nicht die Einzelheiten eines noch nicht zu Ende abschließend beratenen Plans hier auszuplaudern." Über den Plan hatte die "Bild am Sonntag" zuvor berichtet. Danach wird die Anschaffung des israelischen Systems "Arrow 3" erwogen. Es ist in der Lage, Langstreckenraketen sehr hoch über der Erde zu zerstören, bis in die Stratosphäre hinein, die zweite von fünf Schichten der Atmosphäre. Dazu ist die Bundeswehr bisher nicht in der Lage.
Die Kosten würden laut "BamS" bei zwei Milliarden Euro liegen. Einsatzfähig wäre das System 2025. Scholz hatte nach Beginn des Ukraine-Kriegs ein 100-Milliarden-Euro-Programm zur Aufrüstung der Bundeswehr angekündigt. Am Mittwoch hatte er mit Verteidigungsministerin Christine Lambrecht und Generalinspekteur Eberhard Zorn darüber beraten. Verteidigungspolitiker des Bundestags wollten nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag nach Israel reisen und sich dort bis Donnerstag auch über Systeme der Luftabwehr informieren.
"Nur wer stark ist, wird nicht angegriffen"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier schwor die Menschen in Deutschland auf schwierigere Zeiten und Einbußen ein. Die verhängten scharfen Sanktionen gegen Russland brächten diese unvermeidlich, sagte er in einer Videobotschaft für ein Konzert für Freiheit und Frieden der Berliner Philharmoniker im Schloss Bellevue. Er zeigte Verständnis für die bei vielen aufkommenden Ängste.
"Aber wir können der Angst etwas entgegensetzen: unsere Wehrhaftigkeit und unsere Mitmenschlichkeit, unseren Willen zum Frieden und den Glauben an Freiheit und Demokratie, die wir niemals preisgeben, die wir immer verteidigen werden." Er wisse, dass der Glaube an Freiheit und Demokratie allein keinen Panzer aufhalte. "Aber ich weiß auch dies: Kein Panzer kann diesen Glauben jemals zerstören", sagte Steinmeier.
Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, plädierte für deutlich mehr Entschlossenheit in der Sicherheitspolitik. "Wehrhaftigkeit, Wehrwilligkeit, Wehrfähigkeit, das bedingt einander. Wenn ich ein Land wehrfähig mache, also die Bundeswehr entsprechend ausrüste, muss auch der Wille da sein, im Ernstfall das Land zu verteidigen", sagte die FDP-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur.
"Die Frage ist doch jetzt, nehmen wir diese dramatische Herausforderung an, jetzt geht es nämlich um's Grundsätzliche, um Demokratie und Freiheit", sagte Strack-Zimmermann. "Es muss endlich aufhören, dass Deutschland Intoleranz toleriert. "Es gibt Menschen und Regierungen, die kennen nur klare Ansagen. Nur wer stark ist, wird nicht angegriffen." In Deutschland sei es wichtig, mit der Verteidigung immer auch den Zivilschutz und den Schutz der Infrastruktur zu organisieren. Sirenen und Schutzräume seien beseitigt, Hochbunker zu Luxuswohnungen umgebaut worden.
Quelle: ntv.de, lve/dpa