Politik

"Menschlich enttäuscht" Seehofer schickt Maaßen in Ruhestand

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Hans-Georg Maaßen verliert sein Amt als Verfassungsschutzchef.

(Foto: imago/IPON)

Wendung im Fall Maaßen: Der scheidende Verfassungsschutzchef wechselt doch nicht ins Innenministerium. Nach dem Bekanntwerden einer neuen Rede entzieht ihm Ressortchef Seehofer das Vertrauen - und trennt sich von ihm.

Bundesinnenminister Horst Seehofer hat Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen mit sofortiger Wirkung in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Seehofer sagte, Hintergrund sei der Inhalt eines Redemanuskripts, das "inakzeptable Formulierungen" enthalte. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Maaßen sei für ihn nicht mehr möglich. Die Aufgaben des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz soll nun Maaßens bisheriger Stellvertreter Thomas Haldenwang vorläufig übernehmen, bis zeitnah über die Nachfolge entschieden wird.

Seehofer sagte, er habe von dem Manuskript am Freitag erfahren. Dieses Wissen habe die Situation völlig verändert. Er habe "recherchieren lassen" und sei dann zu seiner Entscheidung gelangt. "Wenn wie in diesem Fall eine politische abgeschlossene Angelegenheit weitergeführt wird von dem Betroffenen und dabei auch Formulierungen verwendet werden, die nicht akzepbtabel sind, muss ich handeln." Der CSU Politiker sei auch "menschlich enttäuscht".

Seehofer nannte drei Gründe für den Vertrauensbruch. Dazu gehört, dass Maaßen seine Äußerungen aus einem Interview mit der "Bild"-Zeitung mehrfach im Innenausschuss bedauert habe, sagte Seehofer, der sich bisher hinter Maaßen gestellt hatte. Im Redemanuskript aber habe Maaßen dann wieder etwas anderes gesagt.

Der Innenminister hält es außerdem für inakzeptabel, dass Maaßen von linksradikalen Kräften in Teilen der SPD gesprochen hat. Auch die Sicherheitspolitik als naiv zu beschreiben, "halte ich für eine Grenzüberschreitung", erklärte der Innenminister. Der Schritt, sich von ihm zu trennen, sei durch die Rede "unvermeidlich" geworden. Zugleich ist dem CSU-Chef nach eigenem Bekunden auch "das Signal der Entscheidung wichtig", nämlich die Rückkehr zu einer "sachorientierten Arbeit in der Koalition" zu unterstützen. Auf die Frage, ob er Selbstkritik üben müssen, sagte der CSU-Vorsitzende: "Nein, beim besten Willen nicht."

Umstrittene Rede vor Geheimdienstchefs

Hintergrund ist eine Rede Maaßens vor europäischen Geheimdienstchefs am 18. Oktober in Warschau, in der er von linksradikalen Kräften in der SPD gesprochen hatte. Seine Äußerungen zu den Vorfällen in Chemnitz im August seien für diese Kräfte willkommener Anlass gewesen, einen Bruch der großen Koalition zu provozieren, sagte er dort. Zudem verteidigte Maaßen sein umstrittenes "Bild"-Interview,  in dem er seine Einschätzung wiedergab, es habe in Chemnitz keine rechtsextremen Hetzjagden gegeben.

In Chemnitz war am 26. August ein 35-jähriger Deutscher mutmaßlich von Asylbewerbern erstochen worden, danach kam es zu Protesten und rechtsextremistischen Übergriffen. Maaßen bezweifelte damals die Echtheit eines Videos, das eine ausländerfeindliche Attacke auf Migranten zeigt.

In dem Redemanuskript Maaßens heißt es unter anderem: "Ich habe bereits viel an deutscher Medienmanipulation und russischer Desinformation erlebt. Dass aber Politiker und Medien "Hetzjagden" frei erfinden oder zumindest ungeprüft diese Falschinformation verbreiten, war für mich eine neue Qualität von Falschberichterstattung in Deutschland." Er habe lediglich klargestellt, dass es nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Chemnitz keine derartigen rechtsextremistischen Hetzjagden gegeben habe.

Maaßen ist auf keinem Posten haltbar

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD hatten sich im September zunächst darauf verständigt, dass Maaßen wegen seiner umstrittenen Äußerungen als Staatssekretär ins Innenministerium wechseln sollte. Nach einer Welle der Empörung beschlossen sie dann, dass der 55-Jährige im Innenministerium im Rang eines Abteilungsleiters für europäische und internationale Aufgaben zuständig sein sollte. Auch diese Einigung war nach den jüngsten Äußerungen Maaßens nicht mehr zu halten.

Wegen umstrittener Äußerungen Maaßens war auch der Druck auf Seehofer seit dem Wochenende immer weiter gewachsen. Kanzlerin Angela Merkel ließ über ihren Sprecher Steffen Seibert erklären, sie gehe davon aus, dass Seehofer "zeitnah die angemessenen Entscheidungen trifft". Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Frank Überall, sagte dem "Handelsblatt", Seehofer müsse die Frage beantworten, warum er sich an den "Medienhasser Maaßen" klammere. "Ein Spitzenbeamter mit einer fragwürdigen Haltung zum Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit hat im öffentlichen Dienst nichts mehr zu suchen", sagte Überall.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP

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