"Institutionen stehen still" Selenskyj: Putins Tod könnte Krieg rasch beenden
12.12.2022, 19:47 Uhr
Selenskyj will Präsident bleiben, bis die Ukraine über Russland siegt.
(Foto: picture alliance/dpa/Planet Pix via ZUMA Press Wire)
Russlands Präsident Putin droht mit der zunehmenden "Gefahr eines Atomkriegs". Sein ukrainischer Amtskollege schätzt das Risiko aber eher gering ein. Putin hänge zu sehr an seinem Leben, sagt Selenskyj. Sollte er doch plötzlich sterben, könnte das zur russischen Kriegsniederlage führen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat von seinen Plänen für die Zeit nach dem Krieg mit Russland erzählt. "Ich will einfach ans Meer und mal ein Bier trinken", sagte der 44-Jährige gemäß ukrainischen Medien in einem vorab veröffentlichten Interview mit dem US-amerikanischen Show-Moderator David Letterman. Das werde jedoch erst nach dem Sieg der Ukraine möglich sein. "Bis zu unserem Sieg werde ich aber Präsident sein", sagte der 2019 gewählte Staatschef selbstsicher.
Gleichzeitig hält Selenskyj ein schnelles Kriegsende für möglich, sollte der russische Präsident Wladimir Putin plötzlich sterben. Autoritäre Regime seien auf eine Person zugeschnitten. "Wenn dieser Mensch geht, dann stehen die Institutionen still. Eine solche Zeit war in der Sowjetunion. Alles blieb stehen", behauptete Selenskyj. Russland wäre beim Tod des 70-jährigen Putin zuerst einmal mit sich selbst beschäftigt.
Selenskyj glaubt demnach auch nicht, dass Putin Atomwaffen einsetzen könnte. "Ihm ist klar, dass, wenn er sie einsetzt, das für ihn persönlich Konsequenzen haben würde", unterstrich der Ukrainer. Putin liebe das Leben zu sehr, als dass er diesen Schritt wagen würde.
Kreml will Nukleardoktrin nicht ändern
Russland beabsichtigt eigenen Angaben zufolge keine rasche Änderung seiner Nukleardoktrin über den Einsatz von Massenvernichtungswaffen. "Es ist keine Rede von irgendwelchen schnellen Handlungen in dieser Hinsicht", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. In der vergangenen Woche hatte Kremlchef Wladimir Putin wiederholt erklärt, dass Russlands Doktrin den Einsatz von Atomwaffen als Reaktion auf einen solchen Angriff vorsehe.
Zugleich wies er darauf hin, dass die USA laut ihrer Doktrin angeblich Erstschläge ausführen könnten. Dabei machte er deutlich, dass Russland vor diesem Hintergrund über seine eigene Sicherheit nachdenken müsse. Putins Sprecher Peskow erklärte dazu nun, dass es einen steten Prozess von Überlegungen und Analyse auf Expertenebene zur Lage in der Welt gebe.
Laut der russischen Nukleardoktrin von 2020 ist der Einsatz von Atomwaffen nur möglich, wenn zuerst der Gegner diese oder andere Massenvernichtungswaffen gegen Russland oder seine Verbündeten einsetzt. Möglich ist demnach die Anwendung der Atomwaffen auch, wenn die Existenz Russlands durch konventionelle Waffen bedroht ist. Putin hatte vergangenen Woche gesagt, dass die "Gefahr eines Atomkriegs" zunehme.
In Russland dienten die nuklearen Waffen dem Schutz des Landes und seiner Verbündeten sowie der Abschreckung. Im Zuge seines Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte Putin Russlands Atomwaffen in erhöhte Bereitschaft versetzen lassen. Das galt als Drohung gegen die USA und die NATO-Staaten, sich aus dem Konflikt herauszuhalten. Angesichts der weltweiten Empörung hatte Russland zuletzt seine atomaren Drohungen deutlich zurückgefahren.
Quelle: ntv.de, lve/dpa