"UN-Charta brennt wie Charkiw" Selenskyj drängt Biden und Xi zu Friedensgipfel
26.05.2024, 11:00 Uhr Artikel anhören
Charkiw erlebe ein drittes Jahr des ständigen Terrors, sagt Wolodymyr Selenskyj.
(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)
Gemeinsam mit der Schweiz bereitet die Ukraine einen Friedensgipfel im Juni vor. Laut dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj nehmen mehr als achtzig Länder daran teil. Selenskyj drängt Joe Biden und Xi Jinping zu kommen - damit die UN-Charta nicht brennt wie Bücher in Charkiw.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat US-Präsident Joe Biden und den chinesischen Staatschef Xi Jinping dazu aufgerufen, am 15. Juni an dem Friedensgipfel in der Schweiz teilzunehmen. "Bitte zeigen Sie Führungsstärke, um den Frieden voranzubringen", sagt Selenskyj in einer Videobotschaft, "echten Frieden und nicht nur eine Pause zwischen den Raketenangriffen", betont der ukrainische Staatschef. "Wir wollen nicht, dass die UN-Charta verbrannt wird … verbrannt wie diese Bücher."
Die Videobotschaft wurde den Angaben zufolge in den ausgebrannten Überresten der Druckerei Faktor Druk in Charkiw aufgezeichnet. Die Druckerei, die zu den größten der Ukraine gehört, wurde am Donnerstag von einer russischen Rakete getroffen. Ukrainischen Angaben zufolge wurden sieben Menschen getötet, 23 verletzt und mehr als 50.000 Bücher verbrannt.
Vor dem Krieg liefen in der Faktor Druk 1,5 Millionen Bücher jährlich vom Stapel - auch für internationale Medien wie das deutsche Magazin "Katapult": "Leute, die unser Geopolitkmagazin 'KatapultU' gedruckt haben, wurden heute tot oder schwer verletzt aus ihren Produktionshallen getragen", teilte es am Donnerstag mit.
Drei Jahre des Terrors
Charkiw erlebe ein drittes Jahr des ständigen Terrors, sagt Selenskyj in seiner Videobotschaft aus der ausgebrannten Druckerei. "Mehr als eine Million Menschen leben in dieser Stadt. Die russische Armee beschießt sie jede Nacht und jeden Tag. Meistens mit S-300-Raketen. Das sind Luftabwehrraketen, die Russland einsetzt, um das Land zu terrorisieren. Es gibt keinen einzigen Stadtteil oder eine Straße in Charkiw, die nicht unter dieser regelmäßigen Grausamkeit gelitten hat", wütet der ukrainische Staatschef. In jeder Stadt auf der Welt - von São Paulo in Brasilien bis zu Harbin in China - gebe es dafür nur einen Namen: Terror.
Russische Angriffe auf zivile Ziele gehören in der Ukraine und speziell in Charkiw, einer der am schwersten getroffenen Städten des Krieges, inzwischen zum Alltag: Am Samstag starben mindestens elf Menschen bei einem russischen Luftangriff auf einen Baumarkt.
Selenskyj drängt daher darauf, Russland gemeinsam zurechtzuweisen. "Will Russland einen Dialog?", fragt der ukrainische Staatschef in der Videobotschaft rhetorisch. "Die Ukraine hat die weltweit größte Erfahrung mit Lügen Russlands während Verhandlungen. Lügen, die hauptsächlich russische Vertuschungen zur Vorbereitung dieses Krieges waren." Deswegen seien globale Bemühungen wie der Friedensgipfel notwendig, sagt Selenskyj: Russland werde nicht in der Lage sein, die anwesenden Staatsführer zu täuschen.
Neutrale Länder überzeugen
Ihm zufolge haben bereits mehr als achtzig Länder ihr Kommen zugesagt, auch Bundeskanzler Olaf Scholz nimmt daran teil. "Bitte unterstützen Sie den Friedensgipfel durch Ihre persönliche Führung und Teilnahme", sagt Selenskyj. Der Gipfel werde zeigen, "wer in der Welt wirklich den Krieg beenden will und nicht nur den Waffenstillstand einfordert, der unweigerlich durch russische Raketen und Artillerie gebrochen werden wird, so wie es Dutzende Male zuvor der Fall war".
Die Schweiz organisiert auf Wunsch der Ukraine am 15. und 16. Juni bei Luzern ein Gipfeltreffen. Es soll mehr internationale Unterstützung für das angegriffene Land mobilisieren. Die Ukraine hofft, gerade neutrale oder gar mit Russland befreundete Staaten des Südens von ihrer Position zu überzeugen. Vor allem China wird umworben. Russland ist zu der Konferenz nicht eingeladen, lehnt eine Teilnahme aber ohnehin ab.
Quelle: ntv.de, chr/fni