Kiffen ohne Strafe So sehen die Legalisierungspläne der Ampel aus
23.02.2024, 07:47 Uhr Artikel anhören
Es ist eine drogenpolitische Wende: In Deutschland wird Kiffen legal - jedoch mit einigen Einschränkungen. Der Bundestag stimmt heute über ein Gesetz aus dem Haus von Gesundheitsminister Lauterbach ab. Was steht drin?
Wer mit Cannabis erwischt wird, muss bisher mit einer Geldstrafe oder in schweren Fällen sogar mit Gefängnis rechnen. Das soll sich ändern: Der Bundestag stimmt am Freitag über einen Gesetzentwurf ab, der den Besitz und kontrollierten Anbau der Droge zum privaten Gebrauch zuzulassen soll - allerdings mit zahlreichen Einschränkungen. Fragen und Antworten zu den Plänen:
Was ist Cannabis?
Cannabis ist eine Hanfpflanze. Sie enthält den psychoaktiven Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC). Das Rauschmittel stammt dabei aus den Blütenspitzen und Blättern oder dem Cannabisharz. Als Droge wird Cannabis fast ausschließlich geraucht, oft vermischt mit Tabak. In kleinen Dosen erzeugt der Konsum Euphorie, Angstverlust, Beruhigung und Schläfrigkeit. Kritiker einer Legalisierung verweisen auf zahlreiche Gesundheitsgefahren, darunter psychische Erkrankungen. Todesfälle, die direkt auf Cannabis zurückgeführt werden, sind selten.
Warum will die Regierung Cannabis teilweise legalisieren?
Die Ampel-Parteien hatten sich schon in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, "die kontrollierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken" zu ermöglichen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verweist darauf, dass die Versuche, den Schwarzmarkt strafrechtlich zurückzudrängen, gescheitert seien. Dort werde Cannabis "häufig verunreinigt" angeboten, was Gesundheitsgefahren schaffe, so der SPD-Politiker.
Wie sehen die Legalisierungspläne aus?
Im öffentlichen Raum soll der Besitz von 25 Gramm getrocknetem Cannabis straffrei bleiben. Anbau und Abgabe soll vorerst über Anbauvereine ermöglicht werden. Im Eigenanbau zuhause sind bis zu 50 Gramm sowie drei Pflanzen erlaubt.
Wann soll die Legalisierung kommen?
Ursprünglich sollte noch 2023 das Cannabis-Gesetz im Bundestag verabschiedet und auch der Konsum legal werden. In Teilen der SPD gab es jedoch massiven Widerstand gegen das Gesetz. Es musste deshalb nachverhandelt werden. Anfang Februar verkündeten die Spitzen der Ampel-Fraktion dann eine Einigung. Einige SPD-Abgeordnete wollen bei der Abstimmung am Freitag aber weiter gegen das Gesetz stimmen. Geplant ist nun ein abgestuftes Inkrafttreten der Reform. So soll das Gesetz insgesamt am 1. April in Kraft treten, die Vorschriften für die Anbauvereinigungen jedoch erst am 1. Juli.
Wie viel Cannabis kann ich über die Vereine bekommen?
Die Vereine oder Clubs dürfen den Plänen zufolge maximal 25 Gramm Cannabis pro Tag an ihre bis zu 500 Mitglieder abgeben und 50 Gramm pro Monat. Mitglieder können nur Erwachsene werden. Sind diese zwischen 18 und 21 Jahre alt, bekommen sie höchstens 30 Gramm pro Monat. Bei ihnen gibt es auch eine Begrenzung für den Gehalt des Rauschmittels THC - er darf nicht über zehn Prozent liegen. Die Cannabis-Vereine dürfen zudem Samen und Stecklinge an die Mitglieder zum Eigenanbau zuhause weitergeben. Hier sollen maximal sieben Samen oder fünf Stecklinge pro Monat erlaubt sein.
Wie sollen Jugendliche und junge Erwachsene geschützt werden?
Auch Lauterbach verweist darauf, dass Cannabiskonsum "gefährlich" sei - besonders für Jugendliche und junge Erwachsene, deren Gehirn sich noch bis zu einem Alter von 25 Jahren verändere. Neben der verringerten Abgabemenge bis zum Alter von 21 Jahren hat Lauterbachs Ministerium eine Aufklärungskampagne für diese Zielgruppe gestartet. Eine erste Evaluation zu den Auswirkungen der Legalisierung auf den Kinder- und Jugendschutz soll 18 Monate nach Inkrafttreten vorliegen. Für das komplette Gesetz ist dies nach vier Jahren geplant.
Darf in den Clubs auch konsumiert werden?
Nein. Erlaubt ist dies nur in einem Abstand von 100 Metern. Dies gilt auch für Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Kinderspielplätzen sowie in öffentlich zugängliche Sportstätten.
Ist auch ein Verkauf über Fachgeschäfte geplant?
Mittelfristig ja. Die Bundesregierung will dies aber erst in einer zweiten Stufe und über ein weiteres Gesetz regeln, das derzeit vorbereitet wird. Geplant sind Modellregionen, in denen für fünf Jahre auch der kommerzielle Verkauf über lizenzierte Fachgeschäfte getestet wird. Die Modellregionen sollen sich auf bestimmte Kreise und Städte in mehreren Bundesländern erstrecken. Wo diese sein werden, steht noch nicht fest.
Entsprechen die Pläne den Koalitionsvereinbarungen?
Nein. Diese sind weitergehend und fordern die bundesweite Abgabe über lizenzierte Geschäfte. Dies hatte ein erster Eckpunkte-Entwurf von Lauterbach auch vorgesehen. Doch die EU-Kommission hatte Bedenken.
Könnten die Modellregionen noch zu einem bundesweiten kommerziellen Verkauf führen?
Das ist nun der Plan der Bundesregierung. Sie will mit den Erfahrungen aus den Modellregionen für Gesetzesänderungen auf EU-Ebene werben. Diese sollen dann die ursprünglichen deutschen Pläne doch noch ermöglichen. Lauterbach will aber auch nicht ausschließen, dass die Ergebnisse der Modellprojekte letztlich dagegen sprechen und dies scheitert.
Quelle: ntv.de, Alexander Wenzel, AFP