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Trauer um zwei Tote in München Söder fordert Abschiebe-Deal mit Afghanistan

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"Es reicht": Söder am Tatort in München mit Bundespräsident Steinmeier.

"Es reicht": Söder am Tatort in München mit Bundespräsident Steinmeier.

(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

Zwei Tote fordert der Anschlag auf eine Verdi-Demonstration in München. Der bayerische Ministerpräsident fordert von der Bundesregierung Verhandlungen mit den Taliban und wöchentliche Abschiebeflüge. Brandenburgs sozialdemokratischer Ministerpräsident Woidke sieht es ähnlich.

Nach dem mutmaßlich islamistischen Anschlag von München und der Inhaftierung eines afghanischen Tatverdächtigen fordert Bayerns Ministerpräsident Markus Söder die Bundesregierung zu sofortigen Verhandlungen über Abschiebeflüge nach Afghanistan auf. Außenministerin Annalena Baerbock von den Grünen und Innenministerin Nancy Faeser von der SPD "müssen ab Montag direkt mit den Taliban über Abschiebeflüge reden und die Interessen unseres Landes zuvorderst vertreten", sagte der CSU-Vorsitzende der "Bild am Sonntag". "Es braucht jede Woche einen Flug."

Söder verwies auf die Anschläge von Aschaffenburg und München, die nach Erkenntnissen der Ermittlungsbehörden beide von Afghanen begangen wurden. "Es reicht. Deutschland braucht einen Afghanistan-Sofortplan", sagte der CSU-Chef. "Ausreisepflichtige Afghanen müssen unser Land rasch verlassen und der Neuzugang über Visa-Vergaben muss auf absehbare Zeit gestoppt werden." Allein in Bayern befänden sich fast 2000 ausreisepflichtige Afghanen, knapp 200 davon seien schwere Straftäter. Vereine und Moscheen, die unter Islamismus-Verdacht stünden, müssten "finanziell ausgetrocknet" werden und ihre Gemeinnützigkeit verlieren.

Kleines Kind und Mutter gestorben

Zwei Tage nach dem Anschlag in München waren am Nachmittag zwei der 39 Verletzten gestorben. Ein zweijähriges Mädchen und dessen 37 Jahre alte Mutter seien ihren Verletzungen erlegen, sagte ein Sprecher des Bayerischen Landeskriminalamts (LKA). Am Donnerstag war ein 24-jähriger Afghane in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft Verdi gefahren. Die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen übernommen, da die Tat geeignet sei, die innere Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen. Gut eine Woche vor der Bundestagswahl am 23. Februar hatte der Vorfall die politische Debatte über die Migrationspolitik weiter angeheizt.

"Ich bin tief erschüttert und traurig über den Tod des kleinen Kindes und der Frau", erklärte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf X. Den Angehörigen gelte sein tief empfundenes Beileid. "Das Land trauert mit ihnen." Als einer der ersten SPD-Politiker äußerte sich auch der brandenburgische Ministerpräsident Dietmar Woidke migrationskritisch. Er kondolierte den Angehörigen und verwies auf die Anschläge in Mannheim, Solingen, Magdeburg, Aschaffenburg in den vergangenen Monaten und zuletzt in München. "Fünf Einzelfälle in neun Monaten sind nicht tolerierbar - die Migrationspolitik der letzten zehn Jahre muss auf den Prüfstand", erklärte Woidke. "Wir brauchen eine schnellere und konsequente Abschiebung von Menschen, die eine Gefahr für andere darstellen."

Getötete Frau war Mitarbeiterin der Stadt

"Die Mutter war eine städtische Mitarbeiterin", erklärte SPD-Oberbürgermeister Dieter Reiter. "Sie und ihre Tochter wurden ermordet, als sie für ihre gewerkschaftlichen Rechte auf die Straße gegangen ist. Der Schmerz ist nicht in Worte zu fassen." Der Verdi-Vorsitzende Frank Werneke bezeichnete die Trauer über das Leid der Opfer als "schier unermesslich". "Wir als Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter stehen in dieser schweren Stunde solidarisch zusammen."

Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge stammte die getötete Frau aus Algerien, lebte seit ihrer Kindheit in Deutschland und arbeitete als Ingenieurin. Eine mit der Angelegenheit vertraute Person bestätigte diese Angaben. Die Zeitung berichtete, sie habe mit Hinterbliebenen gesprochen, die anonym bleiben wollten. Ihnen sei wichtig, dass der Tod ihrer beiden Angehörigen nicht genutzt werde, um Hass zu schüren. Die Frau habe sich für Gerechtigkeit, Solidarität, Arbeitnehmerrechte und gegen Fremdenfeindlichkeit und Ausgrenzung eingesetzt.

Staatsanwaltschaft: Afghane räumte Tat ein

Der Fahrer des Kleinwagens, ein 24-jähriger Afghane, hatte nach seiner Festnahme eingeräumt, sein Auto bewusst in die Menschenmenge gesteuert zu haben, wie die Generalstaatsanwaltschaft München mitgeteilt hatte. Es gebe Hinweise auf eine islamistische Tatmotivation. Der Mann kam unter dem Vorwurf des mehrfachen Mordversuchs, der gefährlichen Körperverletzung und des schweren gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr in Untersuchungshaft.

Nach Angaben der Münchner Generalstaatsanwaltschaft hatte der Afghane bei seiner Festnahme "Allahu akbar" ("Gott ist am größten") geäußert und gebetet. Deswegen hat die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus der Münchner Generalstaatsanwaltschaft die Ermittlungen aufgenommen. Am Freitag zog die Bundesanwaltschaft das Verfahren an sich. Denn es bestehe der Verdacht, dass die Tat religiös motiviert und als Angriff auf die freiheitliche demokratische Grundordnung zu verstehen sei.

Der Afghane hielt sich nach übereinstimmenden Angaben mehrerer Behörden rechtmäßig in Deutschland auf. Er kam demnach 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland. Zwar wurde sein Asylantrag nach Angaben der Münchner Stadtverwaltung 2020 endgültig abgelehnt. Anschließend habe er jedoch eine Duldung erhalten, weil damals keine Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden seien. Später habe er eine befristete Aufenthaltserlaubnis nach den Bestimmungen für gut integrierte junge Menschen erhalten. Da über eine Verlängerung dieser Erlaubnis nicht entschieden worden sei, habe er zuletzt ein Aufenthaltsrecht bis April auf Basis einer sogenannten Fiktionsbescheinigung erhalten.

Quelle: ntv.de, mau/rts

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