"Ich hoffe, die Dosis reicht" Söder mahnt zur Geduld, Spahn wirbt für App
07.11.2020, 11:57 Uhr
18 bis 20 Millionen Menschen nutzen derzeit aktiv die Corona-Warn-App.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Fallzahlen steigen kontinuierlich an: Erstmals melden die Bundesländer mehr als 23.000 neue Corona-Infektionen binnen 24 Stunden. Für CSU-Chef Söder ist das noch kein Alarmsignal. Er rechnet in einigen Tagen mit einer positiven Wirkung der jüngst verhängten Maßnahmen.
Knapp eine Woche nach Beginn eines Teil-Lockdowns in Deutschland hat der bayerische Ministerpräsident Markus Söder die Bevölkerung zur Geduld gemahnt. "Wir brauchen mindestens zwei Wochen, um den Erfolg der Maßnahmen bewerten zu können", sagte der CSU-Chef der "Rheinischen Post". Jetzt gelte es, "Geduld zu bewahren". Er warnte zudem: "Es wäre falsch, die Therapie frühzeitig abzubrechen."
"Es ist ohnehin der mildeste Lockdown, den es derzeit in Europa gibt", sagte Söder weiter. Er zeigte sich aber zuversichtlich, dass die Maßnahmen den rasanten Anstieg bei den Corona-Infektionszahlen bremsen werden: "Der Lockdown light wird wirken." Die Medizin sei bitter, aber notwendig. "Ich hoffe, die Dosis reicht", sagte der Ministerpräsident.
Seit Montag gelten bundesweit wieder verschärfte Corona-Regeln. So bestehen Kontaktbeschränkungen für Treffen in der Öffentlichkeit, zudem sind Restaurants, Kneipen und Kultureinrichtungen geschlossen. Hintergrund ist der rasante Anstieg der Corona-Infektionszahlen. Am Freitagabend erreichte die Zahl der täglich verzeichneten Neuinfektionen mit dem Virus in Deutschland mit mehr als 23.000 Fällen einen neuen Negativrekord. Nach Berechnungen von ntv.de sind seit Beginn der Pandemie mehr als 631.000 Infektionen nachgewiesen worden. Die Zahl der Todesfälle liegt bei rund 11.170.
"Das ist wirklich Überwachungskapitalismus"
Vor dem Hintergrund der aktuellen Fallzahlen rief Gesundheitsminister Jens Spahn dazu auf, mehr nachgewiesene Ansteckungen über die Corona-Warn-App zu teilen. Er sei aber weiter dagegen, die Anwendung verpflichtend zu machen, sagte er bei einem virtuellen Kongress der Kommunalpolitischen Vereinigung von CDU und CSU. Entwickler arbeiteten an Verbesserungen. So solle die App öfter als nur täglich aktualisiert werden. Die Nutzer sollten zudem vom System aktiv ermuntert werden, Infektionen zu melden.
Derzeit haben nach seinen Worten 22 Millionen Menschen in Deutschland die App installiert, 18 bis 20 Millionen Menschen nutzen sie tatsächlich. Mittlerweile seien mehr als zwei Millionen Laborergebnisse über die App übermittelt worden. Jeder Zwang führe zu einer sehr kontroversen Debatte mit dem Risiko, dass man an Akzeptanz verliere, warnte er.
Zugleich wundere ihn, wie bereitwillig die Menschen in Deutschland und Europa Gesundheitsdaten in den Angeboten der Internetgiganten teilten. "Das ist wirklich Überwachungskapitalismus, die machen Kohle mit unseren Daten", sagte Spahn. Im Überwachungsstaat China würden inzwischen von jedem Neugeborenen die Gen-Daten ausgelesen. Kein Verständnis habe er aber, wenn es in Deutschland schon erbitterte Diskussionen gebe, wenn anonymisierte Daten für die Forschung zusammengeführt werden sollten.
Er rätsele weiter, wo er sich selbst mit dem Coronavirus angesteckt habe, sagte Spahn. Er gehöre zu den inzwischen 75 Prozent der positiv Getesteten, bei denen sich der Infektionsweg nicht habe nachvollziehen lassen. Alle Kontakte hätten sich als falsche Spur erwiesen. Er wertete dies auch als Beispiel dafür, dass eine Verstärkung der Nachverfolgung in Gesundheitsämtern allein nicht die Lösung sei.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa