Minister kritisiert Ärzte Spahn: Tempo beim Boostern reicht nicht aus
03.11.2021, 13:06 Uhr
Gesundheitsminister Spahn will, dass Deutschland beim Boostern schneller wird. Zu viele Impfwillige fänden derzeit keinen Impfarzt, bemängelt er und bekräftigt seine Aufforderung, dass auch Jüngere ihre Impfung auffrischen lassen sollten.
Der amtierende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat seinen Appell für mehr Auffrischungsimpfungen bekräftigt, um schon länger zurückliegende Impfungen zu verstärken. Das Tempo beim "Boostern" reiche nicht, sagte der Minister in Berlin. Daher sollten alle Länder alle Menschen ab 60 Jahren anschreiben und darauf hinweisen. Mit Blick auf die Arztpraxen sagte der Minister: "Zu viele Impfwillige finden aktuell keinen Arzt, der sie impft." Er wolle daher mit Ärztevertretern über Lösungen dafür sprechen.
Wichtig seien zudem öffentliche "Booster"-Angebote, was auch nicht unbedingt die großen Impfzentren sein müssten. Spahn machte sich erneut auch für eine Bund-Länder-Spitzenrunde zum Corona-Vorgehen stark. Es sei wichtig, neben den Gesundheitsministern die Ministerpräsidenten ins Boot zu nehmen und Entscheidungen auf eine möglichst breite Basis zu stellen. Dies sei jetzt in der Phase des Übergangs bis zum Start der neuen Bundesregierung sinnvoll, um eine einheitliche Kommunikation und damit Akzeptanz zu erreichen.
Der scheidende Minister sieht Deutschland fest im Griff einer neuen Corona-Infektionswelle. "Wir erleben vor allem eine Pandemie der Ungeimpften - und die ist massiv", sagte Spahn. "Die Pandemie ist offenkundig nicht nur weiterhin da, sondern die vierte Welle ist es mit besonderer Wucht." Die neuerliche Ausbreitung des Virus ließe sich bremsen, wenn sich mehr Menschen impfen lassen würden - allerdings gehe er davon aus, dass die "übergroße Zahl" der noch Ungeimpften nicht zu einer Impfung bereit sei, so Spahn.
Der Minister schlug drei Punkte vor, um die Pandemie in Herbst und Winter einzudämmen. Über deren Umsetzung will er am Donnerstag und Freitag mit den Gesundheitsministern der Länder beraten.
Zum einen müssten die Abstands- und Hygieneregeln weiterhin konsequent eingehalten werden, ebenso die 3G- oder 2G-Regeln, sagte Spahn. Er rief die Behörden auf, die Einhaltung der Vorschriften etwa in Restaurants und anderen Einrichtungen strenger zu kontrollieren und Verstöße zu bestrafen. "Wir müssen das Kontrollieren kontrollieren." In Regionen mit besonders hohen Infektionswerten müssten 2G-Regeln durchgesetzt werden.
Zwei Millionen reichen nicht
Für Pflegeheime schlug Spahn als zweiten Punkt bundesweit strengere und einheitliche Testvorschriften vor. Personal und Besucher müssten dort auf das Coronavirus getestet werden, selbst dann, wenn sie geimpft seien. Er verwies auf den Fall eines Pflegeheims in Brandenburg, wo mehrere betagte Bewohner an dem Virus gestorben seien. "Ich möchte das Sterben nicht noch einmal erleben müssen wie im letzten Winter", sagte der noch amtierende Minister.
Zum Dritten forderte Spahn, die Zahl der Auffrischungsimpfungen für bereits Geimpfte müsse rasch steigen. Seit August habe es nur zwei Millionen solcher Impfungen gegeben, "das reicht nicht". Die Auffrischimpfungen "helfen, die vierte Welle zu brechen". Spahn bekräftigte seinen Vorschlag, dass die Länder den Bürgerinnen und Bürgern nach dem Schließen der meisten Impfzentren wieder Impfangebote machen - diese könnten auch dezentral und in kleineren Einrichtungen erfolgen. Auf eine Auffrischimpfung solle jeder, der will, sechs Monate nach Ende der ersten Impfserie Anspruch haben.
Spahn räumte in der Pressekonferenz ein, dass er mit seinem Vorschlag, die vom Bundestag ausgerufene pandemische Notlage Ende des Monats auslaufen zu lassen, für Missverständnisse gesorgt haben könnte. "Das Auslaufen der pandemischen Lage ist von vielen als Zeichen missverstanden worden, die Pandemie ist vorbei", sagte er. "Wenn Äußerungen von mir so verstanden wurden, dann war ich nicht klar genug. Das sage ich selbstkritisch." Seine Botschaft sei: "Wir verlassen zwar einen rechtlichen Ausnahmezustand", aber die Pandemie sei noch nicht vorbei.
Quelle: ntv.de, fni/dpa