Politik

Staatsbesuch in Israel Steinmeier erlebt eine Reise voller Symbolik

Präsidenten unter sich: Rivlin (r.) und Steinmeier besuchen das Grab von David Ben-Gurion.

Präsidenten unter sich: Rivlin (r.) und Steinmeier besuchen das Grab von David Ben-Gurion.

(Foto: dpa)

Eigentlich wollte Bundespräsident Steinmeier bereits 2020 nach Israel reisen. Doch wegen der Pandemie wurde der Staatsbesuch verschoben. Der Nachholtermin passt nun zum Abschied des israelischen Präsidenten Rivlin. Und Steinmeier absolviert das Programm eines Außenministers.

Der Katzenjammer über das deutsche Ausscheiden bei der Fußball-EM reichte sogar bis nach Israel. Der "Israelische Fanclub der deutschen Nationalmannschaft" hatte für alle Spiele der Deutschen ein Public Viewing organisiert, die Botschaft ein paar Kästen Bier spendiert, anfeuernde Gesänge und "Deutschland vor, schießt ein Tor!"-Sprechchöre flogen durch die Luft im gelobten Land. Wären die Deutschen nicht rausgeflogen und hätten während des Besuchs des Bundespräsidenten gespielt, wäre es gut möglich gewesen, dass Frank-Walter Steinmeier ein EM-Spiel der Mannschaft mit israelischen Fans in einer Kneipe in Jerusalem oder Tel Aviv geguckt hätte. Steinmeier neben Tsvika Riz, dem 1. Vorsitzenden des Fanclubs, beide in Trikots mit deutschem Adler auf der Brust, feuern Müller, Kroos und Kimmich an - mehr Symbolik für den Stand der deutsch-israelischen Beziehungen im Jahr 2021 wäre wohl nicht möglich gewesen. Bekanntermaßen sind Jogis Jungs jedoch ausgeschieden und Steinmeiers Trikot ist in Berlin geblieben.

Aber auch ohne Fußball war diese Reise des Bundespräsidenten voller Symbolik. Besuche deutscher Politiker in Israel sind immer etwas Besonderes, inzwischen vor allem für die Deutschen. Besonders jüngere Israelis, die sogenannte Enkel-Generation, hat heute mehrheitlich ein deutlich entspannteres Verhältnis zu Deutschland als ihre Eltern und Großeltern. Steinmeiers erste Auslandsreise seit Beginn der Covid-19-Pandemie ging nicht ohne Zufall nach Israel. Offiziell wurde eine Visite vom Mai 2020 nachgeholt, die wegen Corona nicht stattfinden konnte.

Das Pech von damals ist jetzt ein glückliches Timing: Steinmeier war wohl der letzte Gast, den der scheidende israelische Präsident Reuven Rivlin in Israel empfangen hat. Ausgerechnet der deutsche Bundespräsident. Beide sind eng befreundet, viele emotionale Momente während der zweieinhalb Tage belegen das. Schon bei der Begrüßung im Amtssitz des Präsidenten in Jerusalem stupsen sie sich immer wieder mit den Ellenbogen an, schreiten die Ehrenformation ein paar Meter Arm in Arm ab. Die üblichen Höflichkeiten vor der Presse im Anschluss sind außergewöhnlich warm und freundlich. Steinmeier endet mit "Lieber Ruvi, Deine Amtszeit endet, unsere Freundschaft bleibt". Und Rivlin antwortet lächelnd: "Dankeschön", bevor sich beide umarmen.

Gespräche wie ein Außenminister

Der ehemalige Außenminister Steinmeier ist wohl der außenpolitischste Bundespräsident, den Deutschland je hatte. In Israel traf er neben dem scheidenden Präsidenten auch dessen bereits gewählten Nachfolger Jitzchak Herzog, den frisch gewählten Ministerpräsidenten Naftali Bennett und Außenminister Jair Lapid. Auf der Gesprächsagenda: die innen- und außenpolitischen Pläne der neuen Acht-Parteien-Koalition in Israel, der Konflikt mit den Palästinensern, die Angst vor einer atomaren Aufrüstung des Iran, der Kampf gegen Corona und der wieder aufflammende Antisemitismus in Deutschland. Steinmeiers Besuchsprogramm war im Grunde das eines Außenministers, angereichert um jene Programmpunkte, die aus einem Arbeits- einen Staatsbesuch machen: militärische Ehren, Staatsbankett und Baum pflanzen.

Am letzten Tag der Reise dann der endgültige Abschied von Rivlin als israelischer Präsident - ausgerechnet am Grab des ersten Ministerpräsidenten David Ben Gurion in der Negev-Wüste. Bei gleißender Sonne und Temperaturen knapp unter 40 Grad sind an diesem Tag kaum andere Besucher hier. Aber Rivlin steht trotz seines hohen Alters von immerhin 81 Jahren hier neben seinem Freund Steinmeier. Beide legen Steine auf das Grab, Steinmeier dazu weiße Rosen. Minutenlang stehen sie da, mit Blick auf das beeindruckende Zin-Tal, viel zu lang in der brütenden Hitze, so als wollten beide den Moment auskosten. Über der Szene liegt ein Hauch Wehmut. Steinmeier ist am Ende "berührt, dass dieser Abschied am Grab des Staatsgründers Ben Gurion stattgefunden hat". Wie gesagt, mehr Symbolik passen in zweieinhalb Tage nicht rein.

Quelle: ntv.de

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