Politik

Lam befürchtet Revolution Streik und Proteste legen Hongkong lahm

Die Polizei in Hongkong reagierte erneut mit Tränengas auf die Proteste. 82 Demonstranten wurden festgenommen.

Die Polizei in Hongkong reagierte erneut mit Tränengas auf die Proteste. 82 Demonstranten wurden festgenommen.

(Foto: picture alliance/dpa)

Menschen legen die Arbeit nieder, große Teile des U-Bahn-Netzes sind blockiert, Hunderte Flüge werden gestrichen: Die Demonstrationen in Hongkong stürzen die Stadt ins Chaos. Wieder reagiert die Polizei mit Tränengas und Festnahmen. Regierungschefin Lam sieht die Stabilität der Stadt bedroht.

Nach den Massenprotesten haben Regierungskritiker große Teile Hongkongs mit einem Streik lahmgelegt. Regierungschefin Carrie Lam warnte, die Gewalt bei Demonstrationen und die Dauerproteste hätten Hongkong "an den Rand einer sehr gefährlichen Lage gebracht". Die Regierung werde entschlossen vorgehen, um Recht und Ordnung zu wahren und das Vertrauen wiederherzustellen, sagte Lam auf einer Pressekonferenz, in der sie sich zum ersten Mal seit zwei Wochen an die Öffentlichkeit wandte.

Aktionen der Demonstranten, die in den Tagen und Wochen zuvor etwa das Verbindungsbüro Chinas in Hongkong mit Eiern und Farbe bewarfen und eine chinesische Nationalflagge im Hafen versenkt hatten, bezeichnete Lam als "eine Herausforderung" für das Prinzip "Ein Land, zwei Systeme". Demnach wird Hongkong seit 1997 als chinesische Sonderverwaltungszone autonom regiert. Anders als in China gilt dort das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und Versammlungsfreiheit. Wohlstand und Stabilität stünden auf dem Spiel, erklärte Lam. Die Demonstranten wollten eine Revolution.

Erhebliche Verzögerungen und Flugausfälle

Der Streik und neue Proteste sorgten am Montag in der Stadt für Chaos. In der morgendlichen Hauptverkehrszeit kam es zu erheblichen Verzögerungen, weil Demonstranten große Teile des U-Bahn-Netzes und Straßen blockierten. Am Flughafen der Stadt mussten 200 Flüge gestrichen werden, da zahlreiche Mitarbeiter sich für den Streiktag krank gemeldet hatten. Betroffen war vor allem die Hongkonger Fluggesellschaft Cathay Pacific. Auf den Straßen bildeten sich lange Staus, Pendler kamen nicht zur Arbeit.

Am Nachmittag begannen Kundgebungen in sieben Bezirken der Stadt, wie die Organisatoren mitteilten. Mindestens 24.000 Menschen aus 20 Sektoren wollten demnach die Arbeit niederlegen. Wie bei Protesten in den Tagen und Wochen zuvor besetzten Demonstranten auch am Montag Straßen und belagerten Polizeiwachen. Sie versammelten sich in Parks, auf öffentlichen Plätzen und in einem Einkaufszentrum. Die Polizei reagierte mit Tränengas. 82 Menschen wurden festgenommen. Die Demonstrationen sollen im Laufe des Tages auf weitere Distrikte ausgedehnt werden.

Proteste lassen nicht nach

In mehreren Parks der Stadt versammelten sich Menschen zu Protesten, so wie hier im Tamar Park.

In mehreren Parks der Stadt versammelten sich Menschen zu Protesten, so wie hier im Tamar Park.

(Foto: picture alliance/dpa)

Beobachter sehen in den Protesten die schwerste politische Krise Hongkongs seit der Rückgabe an China vor 22 Jahren. Auch in der neunten Woche der Proteste gibt es keine Anzeichen, dass die Bewegung schwächer wird. Die Zentralregierung in Peking hat die Ausschreitungen mehrfach scharf verurteilt und die Regierung und die Polizei vor Ort aufgefordert, wieder Ordnung herzustellen. In der Finanzmetropole gibt es seit fast zwei Monaten Kundgebungen mit Hunderttausenden Teilnehmern. Wiederholt kam es zu schweren Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei.

Hongkongs Regierungschefin Lam hat das Gesetz zur Auslieferung mutmaßlicher Krimineller an China, das den Anlass für die Proteste gegeben hatte, mittlerweile für "tot" erklärt. Die Proteste haben sich aber zu einer breiteren Bewegung gegen die Regierung und das harte Vorgehen der Polizei entwickelt. Viele Menschen befürchten zudem einen zunehmenden Einfluss Pekings und fordern demokratische Reformen. Zudem soll eine unabhängige Kommission den Umgang der Hongkonger Regierung mit der Krise untersuchen.

Lam lehnt Rücktritt weiterhin ab

Am Mittwoch hatte Lam erneut erklärt, dass sie und die Regierung Fehler im Zusammenhang mit dem Gesetz gemacht hätten. "Ich übernehme die Verantwortung für das, was wir gemacht haben, weil ich die Regierungschefin bin." Einen Rücktritt, der von Demonstranten seit Wochen gefordert wird, lehnte Lam aber ab. Sie denke derzeit nicht, dass ihr Rücktritt für eine bessere Lösung sorgen würde, sagte Lam.

In der Nacht zum Montag hatte die Polizei bei gewaltsamen Zusammenstößen nach eigenen Angaben 44 Menschen festgenommen. Sie setzte wieder Tränengas ein, um die Proteste aufzulösen. Am Wochenende hatten Demonstranten Polizeistationen belagert, Wände mit Losungen besprüht und Schaufenster eingeworfen. Seit dem 9. Juni sind nach Polizeiangaben 420 Menschen in Gewahrsam genommen worden.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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