Politik

Streit zwischen CDU und CSU "Streit nur im Promillebereich"

An einer Straße in im bayerischen Seeon wird Ministerpräsident Seehofer aufgefordert, es durchzuziehen. Nur: Was ist "es"?

An einer Straße in im bayerischen Seeon wird Ministerpräsident Seehofer aufgefordert, es durchzuziehen. Nur: Was ist "es"?

(Foto: dpa)

Es ist das alte Muster: Horst Seehofer eskaliert, die CDU beschwichtigt oder mahnt. Nach der Klausur der CSU-Landesgruppe setzen führende Christdemokraten darauf, den Zwist der Schwesterparteien kleinzureden.

Nach der Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten im bayerischen Kloster Seeon signalisieren führende CDU-Politiker der Schwesterpartei Entgegenkommen. Das gilt allerdings nicht für die von der CSU geforderte feste Obergrenze für Flüchtlinge.

"Wir reden über einen Promillebereich, in dem wir unterschiedlicher Meinung sind", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner in einem Interview. Sie bekräftigte den Vorschlag einer tagesflexiblen Lösung: "Wenn man Transitzentren hat, hat man einen Überblick über die Zahl der Ankommenden und kann dann tagesaktuelle Kontingente für die Abgabe an Kommunen festsetzen."

Die CSU fordert eine Obergrenze von bis zu 200.000 Flüchtlingen im Jahr, die CDU lehnt das ab. Die Innenpolitiker Stephan Mayer von der CSU und Armin Schuster von der CDU hatten zuletzt vorgeschlagen, die Kapazität zur Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland jedes Jahr neu zu berechnen. Dieser Kompromiss eines "atmenden Deckels" soll allerdings sowohl von CSU-Chef Horst Seehofer als auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgelehnt worden sein. Diese Idee sei eine "Totgeburt", hieß es laut "Bild"-Zeitung aus Seehofers Umfeld. Merkel fürchte vor allem einen jährlich neuen, öffentlichen Poker um die Flüchtlingszahlen, berichtete das Blatt unter Berufung auf CDU-Innenpolitiker.

Die CSU-Landesgruppe hatte die Forderung nach einer Obergrenze bei der Klausurtagung im Koster Seeon noch einmal bekräftigt. Einem Bericht des "Münchner Merkur" zufolge will die bayerische Staatsregierung ein Gesamtkonzept vorlegen, wie die Asylpolitik bundesweit neu justiert werden soll. Der Umgang mit Asylbewerbern in Deutschland und der Grenzschutz in Europa sollten demnach verschärft werden. Die Hilfe für Entwicklungsländer, vor allem in Afrika, solle ausgebaut werden. Verfasst worden sei das Positionspapier von Seehofer persönlich, was der "Merkur" als einen eher ungewöhnlichen Vorgang bezeichnete.

Bouffier stimmt CSU-Vorschlag zu

Unterdessen stimmte der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier einer anderen Forderung der CSU "uneingeschränkt" zu. Demnach sollten Flüchtlinge, die im Mittelmeer gerettet würden, wieder nach Nordafrika zurückgebracht werden, sagte der CDU-Politiker. "Wir können und wollen die Menschen nicht im Meer ertrinken lassen", sagte Bouffier. Es könne aber auch nicht richtig sein, "dass jeder, den wir retten, automatisch in Europa ist". Damit stütze man lediglich das Geschäft der Schlepper.

Die Flüchtlinge müssen nach Ansicht Bouffiers in Aufnahmezentren in Afrika gebracht werden. "Es ist vernünftiger, den Menschen vor Ort zu helfen, als nach langwierigen Asylverfahren festzustellen, sie dürfen nicht bleiben, und sie dann wieder zurückzuschicken." Ähnliche Flüchtlings-Abkommen wie mit der Türkei hält der CDU-Politiker mit finanzieller Hilfe Berlins auch mit Ägypten oder Tunesien für möglich. In Libyen fehle dafür derzeit eine funktionsfähige Regierung, räumte Bouffier ein.

"Wir müssen Rot-Rot-Grün verhindern"

Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer rief die Union eindringlich zur Beendigung ihres Streits auf. Sollte es nicht gelingen, die unterschiedlichen Vorstellungen von CDU und CSU zusammenzubringen, "wäre das eine erhebliche Schwächung sowohl der CDU als auch der CSU", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

"Jeder muss sich bewusst sein: Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gibt es ernsthafte Bemühungen, eine rot-rot-grüne Bundesregierung zu bilden", warnte die CDU-Politikerin. "Dies müssen wir verhindern, sonst werden CDU und CSU ihrer historischen Verantwortung nicht gerecht." Die saarländische Regierungschefin warnte die CSU vor einer Absage des geplanten Spitzentreffens im Februar, bei dem sich die Schwesterparteien auf eine gemeinsame Linie für den Bundestagswahlkampf verständigen wollen.

Seehofer hat die Einführung einer Obergrenze zur Bedingung für den Eintritt in eine Koalition gemacht. Schwarz-Grüne wäre damit ausgeschlossen. "Mit uns gibt es keine Änderungen des Artikels 16a des Grundgesetzes, die das Grundrecht auf Asyl in Deutschland einschränken sollen", sagte Grünen-Chef Cem Özdemir. Beim Begriff Obergrenze gehe es "nur noch um die Gesichtswahrung des Horst Seehofers".

Quelle: ntv.de, hvo/dpa

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