Politik

In Sachsen und Thüringen Supermarktchef entschuldigt sich für "Gegen Nazis"-Spruch

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Für seinen Prospekt wurde Peter Simmel beschimpft.

Für seinen Prospekt wurde Peter Simmel beschimpft.

(Foto: imago/Sven Ellger)

Der Besitzer mehrerer Lebensmittel-Geschäfte in Thüringen und Sachsen will sich mit seinem Flyer gegen Nazis positionieren. Doch unter Druck zieht der Unternehmer die Prospekte zurück. Nicht nur das: Er entschuldigt sich auch dafür.

Die Angebote sind die gleichen und doch hat sich der Flyer der Lebensmittel-Geschäfte von Peter Simmel geändert. Der Unternehmer betreibt insgesamt 20 Edeka-Filialen in Sachsen und Thüringen. Und auf seinem Handzettel hatte er in der Woche vom 29. Januar bis zum 3. Februar in dem großen roten i-Punkt, über dem Simmel, "Für Demokratie - Gegen Nazis" drucken lassen.

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(Foto: Screenshot Edeka)

Damit wollte Simmel sich mutmaßlich mit den Protestaktionen und Demonstrationen solidarisieren, die in den vergangenen Wochen bundesweit gegen Rechtsextremismus stattgefunden haben. Doch nur wenige Tage später verschwindet dieser Slogan wieder. Der i-Punkt ist wieder knallrot, zumindest auf seiner Webseite, teilweise ist er noch abrufbar.

Stattdessen hat Simmel auf der seiner Internetpräsenz dafür eine Stellungnahme veröffentlicht, die einige seltsame Formulierungen beinhaltet. Dort entschuldigt sich der Unternehmer dafür, den Begriff "Nazi" verwendet zu haben. "Es tut mir leid, dass sich mit meinem Begriff 'Nazis' Menschen angesprochen fühlten, welche mit unserer Regierung nicht einverstanden sind", schreibt er. "Deshalb ist man kein Nazi", erklärt er weiter.

Im Austausch mit seinen Kunden

Tatsächlich seien Nazis nach seinem Verständnis "Rechtsradikale, welche unsere Demokratie abschaffen wollen, die Hitlerzeit verherrlichen und in ein solch menschenverachtendes System zurückwollen", erklärt Simmel. "In ein System, in welchem Andersdenkende oder Menschen, die nicht bestimmten Vorgaben entsprachen, verfolgt und ermordet wurden."

Und dann folgt eine bemerkenswerte Formulierung: Durch den Austausch mit seinen Kunden habe er gelernt, "dass sich viel mehr Menschen mit dem Wort Nazi identifizieren", als er gedacht habe. "Nur, weil man gegen die jetzige Regierung ist, ist man selbstverständlich nicht automatisch ein Nazi", schreibt Simmel weiter. Er bitte um Verzeihung, wenn er Menschen damit verletzt habe. Auch er sei mit der aktuellen Regierung nicht einverstanden und hoffe auf Neuwahlen. Stellt aber auch klar: "Wir dürfen unser Land aber auf keinen Fall von Menschen regieren lassen, welche unsere Demokratie abschaffen wollen."

Unklar ist, was Simmel selbst mit der Formulierung "durch den Austausch mit unseren Kunden" meint. Edeka und der Unternehmer ließen etwa Anfragen des "Spiegel" unbeantwortet. Doch dieses Statement ist offenbar unter einer Menge Druck entstanden: Wie die "Freie Presse" berichtet, habe Simmel nicht nur diese Stellungnahme verfasst, sondern auch noch einen Brief an seine Beschäftigten.

AfD-Mann droht mit Boykott

In diesem entschuldigt er sich demnach auch bei seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die sich "von unseren Kunden teilweise Beschimpfungen oder Drohungen anhören mussten". Simmel selbst ist sich der Situation offenbar bewusst. "Viele Schreiben, die ich erhalten habe, besorgen mich auch sehr, weil darin unsere Demokratie infrage gestellt wird. Demokratie abschaffen hatten wir schon mal, und das hat in einer Katastrophe geendet", erklärt Simmel demnach weiter.

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Doch nicht nur das: Die "Freie Presse" zitiert auch aus der Mail des AfD-Stadtrates aus Crimmitschau, Heiko Gumprecht, die er an Simmel verschickt haben soll. Dort habe der AfD-Mann mit einem Boykott gedroht und eine Antwort verlangt: "Damit wir gegebenenfalls unsere Mitgliedschaft, Unterstützer und Wähler entsprechend informieren können, welches Geschäft sie in Zukunft meiden sollten." Druck gab es zudem auch von der Gruppierung "Freie Sachsen". Die laut sächsischem Landesverfassungsschutz "rechtsextremistische Kleinstpartei" prahlte in einem Telegram-Kanal damit, eine Filiale von Simmel blockiert zu haben, indem sie Einkaufswagen befüllten und diese dann vollgeladen vor den Kassen stehen ließen.

Unterdessen sorgten die Vorfälle um den Simmel-Flyer auch in der Politik für Reaktionen. Auf X äußerte sich der ehemalige Ostbeauftragte der Bundesregierung, Marco Wanderwitz. "TRAURIG", schrieb der CDU-Bundestagsabgeordnete. Es sei "sächsische Realität im Angesicht millionenfacher Demonstrationen gegen (die) rechtsradikale AfD. Irgendwann kippt die Demokratie". Der Linken-Landesabgeordnete Rico Gebhardt lobte die Aktion und erklärte, dass sich vor allem AfD-Politiker von der Aktion aufregten, zeige: "Sie fühlen sich angesprochen."

Quelle: ntv.de, ses

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