Verstimmungen mit Peking Taiwan-Besuch von FDP-Politikern erzürnt China
10.01.2023, 15:32 Uhr
China betrachtet Besuche von ausländischen Politikern in Taiwan als Einmischung.
(Foto: picture alliance/dpa/Taiwan Presidential Office/AP)
FDP-Politiker warnen während eines Taiwan-Besuchs vor chinesischer Aggression. Die Präsidentin des Landes ist erfreut über die Solidarität, Peking dagegen ist sauer. Politiker fordern ein Bekenntnis zur Ein-China-Politik Deutschlands. Dabei plant die FDP noch höherrangigen Besuch in Taipeh.
Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat bei ihrem Besuch in Taiwan davor gewarnt, die militärischen Drohungen Chinas gegen die Insel zu unterschätzen. "Russlands Angriffskrieg in der Ukraine ist ein riesiger Weckruf gewesen", sagte Strack-Zimmermann nach einem Treffen der FDP-Abgeordnetendelegation mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen in Taipeh. "Wir sind in tiefer Freundschaft hier und stehen gemeinsam gegen militärische Drohungen Chinas", fügte Strack-Zimmermann hinzu.
FDP-Parlamentsgeschäftsführer Johannes Vogel warnte die Volksrepublik vor einem militärischen Vorgehen gegen Taiwan. "Jeder Versuch, den gegenwärtigen Zustand durch Gewalt oder der Androhung damit ändern zu wollen, ist inakzeptabel", sagte Vogel nach dem Treffen mit Präsidentin Tsai. "Der Besuch ist eine Geste der Solidarität gegen jede Drohung mit militärischer Aggression."
Der viertägige Besuch der FDP-Delegation auf der Insel hat zu diplomatischen Verstimmungen zwischen Deutschland und Peking geführt. Die Volksrepublik betrachtet Taiwan als abtrünniges Gebiet, sie lehnt Besuche ausländischer Abgeordneter in Taiwan grundsätzlich ab und bezeichnet sie als Einmischung in ihre inneren Angelegenheiten. Der chinesische Außenamtssprecher Wang Wenbin hatte den Besuch der FDP-Delegation zuvor in scharfen Worten verurteilt.
Er sagte in Peking, die Ursache des Taiwan-Problems sei, dass China schwer unter "Hegemonie, Kolonialismus, Militarismus und Nationalismus" gelitten habe. Deutschland habe "eine tiefgreifende und schmerzhafte Geschichtslektion in dieser Hinsicht erfahren". Wang forderte die FDP-Delegation auf, "sich ernsthaft an das Ein-China-Prinzip zu halten".
Deutsche Ministerin könnte im Frühjahr folgen
Taiwans Präsidentin Tsai hingegen dankte den FDP-Abgeordneten bei dem Treffen "für ihr Zeichen der Solidarität gegenüber autoritärem Expansionismus", hieß es aus Delegationskreisen. Das Gespräch sei von "großem Vertrauen und ehrlichem Austausch geprägt" gewesen. Strack-Zimmermann verwies angesichts der chinesischen Drohungen gegen Taiwan auf den russischen Überfall auf die Ukraine. "Wir beobachten gerade live in Europa, was passiert, wenn ein Despot kommt", sagte sie. "Das Recht des Stärkeren darf sich nicht durchsetzen." Ihr Besuch in Taiwan solle zeigen, "dass wir als demokratische Gesellschaften zusammenstehen".
Im Frühjahr soll nach AFP-Informationen mit Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger auch ein deutsches Regierungsmitglied Taiwan besuchen. Es wäre der erste Besuch eines deutschen Regierungsmitglieds in Taiwan seit 26 Jahren. Der chinesische Botschafter in Deutschland, Wu Ken, hatte deutsche Politiker zuvor vor einem Kurswechsel im Umgang mit Taiwan gewarnt. "Ich möchte aber einzelnen Politikern auch raten, in der Taiwan-Frage nicht mit dem Feuer zu spielen und chinesische rote Linien nicht zu testen", sagte Wu dem "Handelsblatt" auf die Frage nach einem möglichen Besuch Taiwans durch ein Mitglied der Bundesregierung.
Studie: China würde Krieg verlieren
Taiwan steht unter wachsendem Druck durch Peking. Seit der Spaltung zwischen China und Taiwan im Jahr 1949 betrachtet Peking die Insel als abtrünniges Gebiet, das es wieder mit dem Festland vereinigen will - notfalls mit militärischer Gewalt. Die US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies veröffentlichte eine Studie, wonach eine chinesische Invasion in Taiwan voraussichtlich scheitern würde, wenn die USA Taiwan bei der Abwehr unterstützen.
Die Simulation, für die Sicherheitsexperten 24 verschiedene Szenarien durchspielten, ergab aber auch, dass ein solcher Militäreinsatz für jeden der wahrscheinlichen Beteiligten - außer China und Taiwan auch die USA und Japan - mit "enormen" Verlusten verbunden wäre. "Die USA könnten einen Pyrrhussieg erringen und darunter langfristig mehr leiden als die 'besiegten' Chinesen", heißt es in der Studie. Um Peking stärker von einer Taiwan-Invasion abzuschrecken, müssten die USA und Taiwan ihre Armeen stärken und mit den wirksamsten Waffen ausrüsten.
Quelle: ntv.de, rog/AFP