Drei Stunden reden Biden und Xi Taiwan ist eine "rote Linie", Russland nicht
14.11.2022, 19:31 Uhr
Es müsse keinen neuen Kalten Krieg geben, betonte US-Präsident Joe Biden nach dem Gespräch mit Xi Jinping.
(Foto: IMAGO/SNA)
Das Verhältnis zwischen den USA und China ist angespannt wie selten zuvor. Vor Bidens und Xis erstem persönlichen Treffen erwartete darum kaum jemand ein nennenswertes Ergebnis. Dafür lief es offenbar gar nicht mal schlecht.
Drei Stunden dauerte ihr erstes persönliches Treffen, und es fehlte nicht an Drohungen und Kritik. US-Präsident Joe Biden warnte Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping vor militärischer Gewalt gegen Taiwan, Xi im Gegenzug forderte Biden auf, sich in den Konflikt nicht einzumischen.
"Die Lösung der Taiwanfrage ist eine Sache für die Chinesen und Chinas interne Angelegenheit", sagte Xi Jinping nach chinesischen Angaben beim Treffen mit Biden auf Bali, im Vorfeld des G20 Gipfels. Es sei die "erste rote Linie, die in den Beziehungen zwischen China und den USA nicht verletzt werden darf".
Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit Taiwans, eines wichtigen Handelspartners des Westens, verpflichtet, was meist Waffenlieferungen bedeutete. Doch als erster US-Präsident hat Biden deutlich gesagt, dass die USA im Falle eines chinesischen Angriffs auf die demokratische Inselrepublik auch mit Streitkräften zu Hilfe kommen würden.
Da hat Biden seine erste "rote Linie", um die sollte es laut einem Statement des US-Präsidenten im Vorfeld des Gesprächs mit Xi unter anderem gehen. "Es gibt nur sehr wenige Missverständnisse zwischen uns", hatte Biden gesagt. "Wir müssen nur herausfinden, wo die roten Linien sind - und was in den nächsten zwei Jahren die wichtigsten Dinge für jeden von uns sind."
Bei Taiwan macht China keine Abstriche
Die Wiedervereinigung Taiwans mit Festland-China ist "ein Kerninteresse Pekings und der Kommunistischen Partei", sagt China-Experte Roderick Kefferpütz vom Merics Institute for China Studies im Gespräch mit ntv.de. Man werde hier keine Abstriche machen. "Für Peking ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Situation mit Taiwan im Sinne Chinas gelöst wird, egal mit welchen Mitteln."
Daran ändert wohl auch die Tatsache nichts, dass Russlands Machthaber Wladimir Putin gerade vormacht, wie man sich mit einem Angriff auf einen schwächeren Nachbarstaat auch sehr verkalkulieren kann. Zumal Taiwan durch seine Geografie besser gegen einen Angriff geschützt wäre als die Ukraine mit ihren weiten und flachen Feldern. "Taiwan ist eine Insel mit zahlreichen Gebirgen", so Kefferpütz. "Eine amphibische Landung ist extrem schwierig, und die Logistikstruktur ist hochkomplex."
Der Analyst sieht China den Krieg Russlands gegen die Ukraine sehr genau beobachten. Peking ziehe seine Lehren und auch bereits Konsequenzen. "Zum Beispiel ist China klar geworden, wie wichtig die Telekommunikation ist, und wie das von Elon Musk bereitgestellte Starlink die Ukraine militärisch befähigt. Deshalb hat Peking Musk bereits klargemacht, dass Systeme wie Starlink nicht in China eingesetzt werden dürfen."
Während beim Thema Taiwan, wie erwartet, keinerlei Bewegung aufeinander zu feststellbar ist, waren sich Biden und Xi nach US-Angaben einig in der Verurteilung russischer Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen in der Ukraine. Beide Seiten stimmten demnach auch überein, dass "ein Atomkrieg niemals geführt werden sollte". Die chinesische Seite erwähnte diese Warnung nicht, sondern zitierte nur eine wiederholte Äußerung Xi Jinpings, dass Kriege keine Gewinner hervorbrächten.
Bei den G20 kann Russland nicht mehr auf China bauen
Soweit, so erwartbar im diplomatischen Standard-Repertoire, das auch beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in Peking benutzt wurde. Doch "in Bezug auf Russlands Drohgebärden" ist der Satz laut Kefferpütz dennoch wichtig. Und tatsächlich spricht einiges dafür, dass Moskau beim Thema Ukraine in der G20-Gruppe nicht mehr auf die Unterstützung des mächtigen Partners China zählen kann.
Denn Russland ist offensichtlich bereit zu akzeptieren, dass in einer zuvor kaum erwarteten Abschlusserklärung eine Passage zur Verurteilung des Krieges gegen die Ukraine aufgenommen wird. Nach Angaben eines westlichen Diplomaten wird der russische Angriff dabei auch klar als Krieg bezeichnet und nicht, wie normalerweise vom Kreml, als militärische Spezialoperation.
Quelle: ntv.de, mit dpa