Rückkehr der Grundmandatsklausel Teile der Grünen hadern mit Wahlrechtsreform
18.04.2023, 13:00 Uhr Artikel anhören
Der Bundestag im Reichstagsgebäude soll kleiner werden. Die Grünen wollen bei der Reform nun aber nachbessern.
(Foto: dpa)
Der Bundestag muss kleiner werden und auf dem Weg dorthin soll die Zweitstimme mehr Gewicht bekommen. Doch bei den Grünen wächst angeblich das Unbehagen am Ampel-Plan. Konkret geht es um die Grundmandatsklausel. Fraktionschef Dröge bemüht sich allerdings, etwaige Spekulationen im Keim zu ersticken.
Bleibt die Grundmandatsklausel doch? Die Grünen erwägen einem Bericht zufolge, die umstrittene Wahlrechtsreform in diesem Punkt erneut zu ändern. Mehrere Vertreter aus Bundesländern mit Grünen-Regierungsbeteiligung hätten in einem internen Gespräch Kritik an der Streichung der Klausel geäußert, berichtet Zeit Online unter Berufung auf Parteikreise. Viele Spitzenpolitiker der Partei auch auf Bundesebene würden diese Ansicht teilen.
Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge signalisierte allerdings Vertragstreu. "Wir haben ganz klar unsere Position zum Wahlrecht zum Ausdruck gebracht mit unserem Abstimmungsverhalten im Deutschen Bundestag, und das ist noch nicht lange her", sagte sie. "Es ist ein großer Erfolg, dass wir es geschafft haben, die Größe des Deutschen Bundestages jetzt effektiv zu beschränken." Das sei man den Wählerinnen und Wählern schuldig gewesen.
Bei der mit den Stimmen der Ampel-Koalition verabschiedeten Wahlrechtsreform wurde die Grundmandatsklausel abgeschafft. Sie sorgte dafür, dass eine Partei mit drei Direktmandaten im Bundestag doch eine Fraktion gründen konnte, wenn sie die Fünf-Prozent-Hürde nicht genommen hat. Davon hatte unter anderem bei der Bundestagswahl 2021 die Linke profitiert.
Mit der Streichung sei der Eindruck entstanden, dass die Bundesregierung das Wahlrecht nutze, um der Opposition zu schaden, argumentierte laut Zeit Online der hessische Vizeministerpräsident Tarek Al-Wazir in dem internen Gespräch von Spitzenpolitikern der Grünen aus Bund und Ländern. In der Partei wird nun dem Bericht zufolge diskutiert, ob man das Gesetz über den Bundesrat vorläufig stoppen könne.
Angst vorm kompletten Scheitern der Reform
Da das Gesetz nicht zustimmungspflichtig ist, wäre dafür eine Einspruchsmehrheit notwendig. Danach könnte sich dann der Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag mit dem Gesetz befassen. Dem Bericht zufolge wurde in parteiinternen Gesprächen allerdings die Sorge geäußert, dass am Ende die gesamte Reform scheitern könne, was unbedingt vermieden werden solle. Deshalb suchten die Grünen nun nach einem Weg, lediglich die Grundmandatsklausel zurückzubringen, ohne das gesamte Gesetz neu aufzuschnüren.
Die mit den Stimmen der Ampel-Koalition verabschiedete Wahlrechtsreform schreibt die Größe des Bundestags auf 630 Abgeordnete fest. Um dies zu erreichen, erhält die Zweitstimme mehr Gewicht - das kann dazu führen, dass nicht alle Wahlkreisgewinner ins Parlament einziehen. Hinzu kam gegen Ende des Gesetzgebungsverfahrens die Streichung der Grundmandatsklausel. CDU und CSU kritisieren die Reform ebenso wie die Linke.
SPD-Chefin Saskia Esken schloss Nachbesserungen vorerst aus. Angesichts der angekündigten Klagen gegen die Gesetzesnovelle müsse erst die Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht abgewartet werden, bevor über mögliche Kompromisslösungen gesprochen werden könne, sagte sie der "Augsburger Allgemeinen".
Quelle: ntv.de, jwu/AFP/dpa