Luftschläge gegen Landebahnen Israel legt Flugverkehr in Syrien lahm
25.10.2023, 14:39 Uhr Artikel anhören
Syriens wichtigster Airport: Der Flughafen Damaskus, hier in einer Sentinel-2-Aufnahme vom 24. Oktober - zwei Tage nach den Angriffen.
(Foto: © ESA / Sentinel Hub)
Im Kampf gegen die Hamas greift das israelische Militär Ziele weit jenseits der eigenen Grenzen an. Die Luftschläge vom vergangenen Wochenende hinterlassen in Syrien schwere Schäden, wie aktuelle Satellitenbilder zeigen. Der Flughafen Aleppo wird erneut beschossen.
Israelische Luftangriffe haben in Syrien deutlich schwerere Schäden verursacht als zunächst angenommen. Bei den Luftschlägen von vergangenem Sonntag wurden die beiden wichtigsten Verkehrsflughäfen des Landes getroffen. Der Beschuss richtete sich offenbar vor allem gegen die technische Infrastruktur der beiden Airports. Der zivile Flugverkehr von und nach Syrien bleibt dadurch massiv beeinträchtigt.
Auch drei Tage nach den Angriffen sind die beiden Großflughäfen Damaskus (IATA-Code: DAM) und Aleppo (ALP) noch komplett außer Betrieb, wie Aufzeichnungen des Flugdatenanbieters Flightradar zeigen. Aktuelle Satellitenbilder aus dem europäischen Erdbeobachtungsprogramm Sentinel deuten auf massive Einschläge an den Rollbahnen hin. Der Flughafen Aleppo wurde zuletzt erneut Ziel eines weiteren Luftschlags: "Der israelische Feind führte einen Luftangriff aus Richtung des Mittelmeers, westlich von Latakia, auf den internationalen Flughafen von Aleppo durch", erklärte ein Sprecher des syrischen Militärs im syrischen Staatsfernsehen.
Wann die beiden größten Flughäfen des Landes wieder angeflogen werden können, ist noch offen. Am Flughafen Damaskus südöstlich der syrischen Hauptstadt scheinen die beiden jeweils rund 3,6 Kilometer langen Rollbahnen gleich mehrfach getroffen worden zu sein. Mindestens drei Einschläge liegen auf der südlichen, zuletzt stärker genutzten Start- und Landebahn. Dazu kommt mindestens ein Vorfeld-Treffer im militärischen Teils des Airports. Am Flughafen bei Aleppo sieht die Lage ähnlich aus. Dort steht für zivile und militärische Flüge bisher nur eine rund 2900 Meter langen Start- und Landebahn zur Verfügung.
Syrische Medien hatten nach dem Beschuss zunächst nur von "erheblichen Schäden an den Start- und Landebahnen" berichtet, ohne näher auf die Tragweite der Angriffe einzugehen. Bei den Luftschlägen sei ein ziviler Flughafenangestellter getötet und ein weiterer verletzt worden, zitierte die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana Sicherheitskreise. Der Betrieb war an beiden Flughäfen zuvor bereits eingeschränkt. Wie das syrische Verkehrsministerium mitteilte, wurden die verbliebenen Flüge zunächst zum Flughafen Latakia an der Mittelmeerküste umgeleitet.
Aleppo liegt weit im Norden Syriens nahe der türkischen Grenze. Israel ist in der Luftlinie rund 360 Kilometer entfernt. Der Flughafen Damaskus befindet sich dagegen nur knapp sechzig Kilometer hinter der Grenze. Am Flughafen Latakia unterhalten russische Truppen ihren größten und wichtigsten Stützpunkt im Land. Alle drei Flughäfen werden auch militärisch genutzt: Zivile Linienmaschinen teilen sich die Start- und Landebahnen mit Militärflugzeugen. Israel wirft dem Iran und Syrien vor, über die Großflughäfen Damaskus und Aleppo Waffenlieferungen an militante Gruppen wie die Hisbollah abzuwickeln.
Wie genau die jüngsten Luftschläge abliefen, ist noch unklar. Das israelische Militär hält sich zu den Vorfällen insgesamt bedeckt. Syrischen Angaben zufolge sollen die Angriffe am Sonntag "gleichzeitig" aus Richtung der Mittelmeerküste im Westen des Landes und aus Richtung der von Israel besetzten Golanhöhen erfolgt sein. Unklar blieb, ob es sich um Raketenschläge handelte oder ob israelische Kampfflugzeuge beteiligt waren. Die israelische Luftwaffe verfügt unter anderem auch über Tarnkappenjets vom Typ F-35.

Erkennbare Schäden (Auswahl) am Flughafen Damaskus: Schlugen hier israelische Rollbahn-Brecher ein?
(Foto: ntv.de Daten / Satellitenbild © ESA, Sentinel Hub)
Von israelischer Seite gibt es dazu keinerlei Kommentar. Israelische Stellen hatten zuvor allerdings wiederholt erklärt, gegen iranische Kräfte im nordöstlich gelegenen Nachbarland Syrien vorzugehen. Der Flughafen von Damaskus wurde seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober zum zweiten Mal beschossen. Bereits am 12. Oktober musste der Betrieb an beiden Airports zeitweise eingestellt werden - syrischen Angaben zufolge aufgrund israelischer Luftschläge.
Im Fall des Airports von Aleppo handelt es sich mit den Luftschlägen vom 25. Oktober bereits um den dritten mutmaßlich israelischen Angriff. Berichten zufolge sollen zuletzt Raketen eingeschlagen sein. Erst wenige Stunden zuvor sollen Arbeiter die Rollbahn provisorisch repariert haben. Die Schäden sollen diesmal beträchtlich umfangreicher sein. Ob und wie schnell die Rollbahnen wieder instand gesetzt werden können, ist noch offen.

Blick auf den Flughafen Aleppo: Stark vergrößerte Infrarot-Aufnahme vom 24. Oktober.
(Foto: © ESA / Sentinel Hub)
Der syrische Luftraum wurde bis zuletzt noch von Verkehrsflugzeugen zum Überflug genutzt. Aktuellen Flugdaten zufolge weichen die meisten Fluglinien mittlerweile jedoch auf Routen über dem Irak aus.
Israel und Syrien teilen sich eine rund 70 Kilometer lange Landgrenze. Während des mehr als ein Jahrzehnt andauernden Bürgerkriegs in Syrien hat Israel Hunderte Luftangriffe auf das Nachbarland geflogen. Die Angriffe galten vor allem der vom Iran unterstützten und mit der syrischen Regierung verbündeten Hisbollah-Miliz sowie syrischen Armeestellungen.
Hinweis: Dieser Beitrag wurde kurz nach der Veröffentlichung aktualisiert.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP