Anonymer Autor gesucht Trump setzt Justizminister auf Maulwurf an
07.09.2018, 20:04 Uhr
Präsident Trump sieht sich in ein falsches Licht gerückt.
(Foto: AP)
Noch ist unklar, wer für den anonymen Zeitungsartikel verantwortlich ist, der schlechtes Licht auf die Vorgänge im Weißen Haus wirft. Präsident Trump sieht sich durch den Beitrag und ein Enthüllungsbuch massivem Druck ausgesetzt. Jetzt geht er in die Offensive.
US-Präsident Donald Trump will den anonymen Gastbeitrag in der "New York Times", der sich kritisch mit ihm und seiner Regierung befasst, zu einem Fall für die obersten Justizbehörden machen. Trump sagte vor Journalisten an Bord der Air Force One, er werde Justizminister Jeff Sessions auffordern zu untersuchen, wer den Artikel verfasst habe. Die Kolumne sollte als Angelegenheit der nationalen Sicherheit behandelt werden.
Dem Artikel zufolge arbeiten Teile der US-Regierung insgeheim gegen Trump, um Schaden von den USA abzuhalten. Die Zeitung veröffentlichte den Text am Donnerstag mit dem Hinweis, dass es sich bei dem Autor um ein hochrangiges Regierungsmitglied handle. In dem Beitrag wird beschrieben, wie Mitarbeiter Teile von Trumps Politik blockierten.
Die Wurzel des Problems sei die Unmoral des Präsidenten. "Es mag in dieser chaotischen Zeit vielleicht nur ein schwacher Trost sein, aber die Amerikaner sollen wissen, dass Erwachsene im Raum sind." Trump hatte den Gastbeitrag bereits feige genannt. Nun legte er nach und sagte, er erwäge Schritte gegen die Zeitung. Unterdessen sucht auch das Weiße Haus fieberhaft nach dem Maulwurf in den eigenen vier Wänden. Einem Bericht der "New York Times" unter Berufung auf einen Regierungsberater zufolge soll eine Liste mit zwölf Namen kursieren, die als mögliche Autoren des Gastbeitrages infrage kommen.
Nur Watergate ist vergleichbar
Der anonyme Gastbeitrag ist ein beispielloser Vorgang in der Geschichte der US-Präsidentschaft. Zwar haben seit der Zeit des ersten Präsidenten George Washington immer wieder Regierungsmitarbeiter gegen ihren Chef gearbeitet. Beispiellos sind aber sowohl das Ausmaß, in dem Trump durch die eigenen Mitarbeiter torpediert wird, als auch der offensive Gang an die Öffentlichkeit.
"Es gibt dafür keinen Präzedenzfall in der Geschichte der USA", sagt der Politikwissenschaftler James Thurber von der American University in Washington. Es gibt allenfalls einige ähnliche Fälle, darunter einer aus dem Jahr 2013, als ein Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrats über ein anonymes Twitter-Konto ranghohe Berater von Präsident Barack Obama kritisierte. Der Mann wurde später bei verdeckten Ermittlungen identifiziert und entlassen.
Allerdings handelte es sich damals nur um einen Beamten der mittleren Führungsebene. Der anonyme Autor des "New York Times"-Artikels ist dagegen nach eigenen Angaben ein "hochrangiges Regierungsmitglied".
Der noch am ehesten vergleichbare Fall aus der jüngeren US-Geschichte ist nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Larry Sabato von der Universität von Virginia die Watergate-Affäre: Eine als "Deep Throat" bekannte Quelle, die sich erst 2005 als der ehemalige FBI-Vizechef Mark Felt zu erkennen gab, lieferte damals den "Washington Post"-Reportern Bob Woodward und Carl Bernstein die entscheidenden Hinweise zu der Abhöraffäre. Die Enthüllungen trugen maßgeblich zum Rücktritt von Präsident Richard Nixon 1974 bei.
Skandal werde nur "geringe" Auswirkungen haben
Mit derart folgenschweren Konsequenzen rechnen Experten im aktuellen Fall nicht: Thurber geht etwa nicht davon aus, dass bei Trump der 25. Verfassungszusatz zur Anwendung kommt, demzufolge ein US-Präsident wegen Amtsunfähigkeit abgesetzt werden kann. Der Skandal um den "New York Times"-Artikel werde für Trump nur "geringe" konkrete Auswirkungen haben, "aber weiter das Vertrauen in seine Präsidentschaft in den USA und weltweit untergraben".
Der Zeitungsbeitrag kann unterdessen als Teil eines Doppelschlags gegen Trump gewertet werden. Vor dessen Erscheinung waren Auszüge aus einem neuen Buch von Pulitzerpreis-Träger und Watergate-Enthüller Woodward bekanntgeworden. Die dort lautgewordene Kritik geht exakt in dieselbe Richtung: Trump hat seine Regierung nicht unter Kontrolle.
Der frühere Außenminister John Kerry sagte: "Eigentlich haben wir keinen Präsidenten." Trump selbst bezeichnete das Buch Woodwards als Irreführung. "So, wie ich zitiert wurde, ist gar nicht meine Art zu sprechen", schrieb Trump auf Twitter. "Wenn ich das tun würde, wäre ich nicht zum Präsidenten gewählt worden." Die angeblichen Äußerungen seien erfunden.
Quelle: ntv.de, fzö/rts/AFP/dpa