Vorwürfe gegen Russland und Iran Türkei protestiert gegen syrische Offensive
10.01.2018, 15:38 Uhr
In der Provinz Idlib wird gekämpft - und wieder dürften Menschen fliehen.
(Foto: AP)
Eine syrische Provinz wird noch von Rebellen und Extremisten beherrscht. Die syrische Armee startet deshalb eine Offensive in Idlib. In Ankara fürchtet man nun wieder Flüchtlinge - und protestiert gegen das militärische Vorgehen.
Die Türkei hat Russland und den Iran aufgefordert, für ein Ende der syrischen Militäroffensive in der Provinz Idlib zu sorgen. Die syrischen Militäraktionen widersprächen einer gemeinsamen Vereinbarung zur Schaffung einer Deeskalationszone in der Provinz, sagte der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu.
In der Provinz Idlib leben derzeit schätzungsweise drei Millionen Menschen. Das Gebiet wird von Rebellen und Extremisten beherrscht, als letzte der syrischen Provinzen. Viele Kämpfer und Zivilisten sind in den vergangenen Monaten vor der syrischen Armee nach Idlib ausgewichen oder dorthin gebracht worden. 2017 wurde in Idlib eine Deeskalationszone eingerichtet, die von Russland und dem Iran als Verbündete der syrischen Regierung sowie von der Türkei als Unterstützer von Rebellen garantiert werden sollte. Die Türkei befürchtet, dass die Kämpfe eine neue Flüchtlingswelle über ihre Südgrenze auslösen könnten. Nach UN-Angaben wurden von Dezember bis Anfang dieser Woche fast 100.000 Menschen aus dem Norden der Provinz Hama und dem Süden der Provinz Idlib vertrieben.
Cavusoglu sagte, die neue Offensive der syrischen Armee sei nicht ohne die Hilfe Russlands und Irans möglich, die beide den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad unterstützen. Sie müssten beide ihrer Verantwortung nachkommen und das Regime stoppen, sagte der Minister der Nachrichtenagentur Anadolu. Das türkische Außenministerium hat bereits die Botschafter Russlands und des Iran einbestellt, um über die Verletzung der Deeskalationszone in Idlib zu protestieren.
Dutzende Tote bei Angriffen
Die Türkei gehört zu den schärfsten Kritikern Assads, arbeitet aber mit Russland und Iran an einer politischen Lösung des Konflikts. Das Vorgehen in Idlib gefährde jedoch die Kooperation, sagte Cavusoglu.
Idlib wird vor allem von der Extremistengruppe Tahrir al-Scham kontrolliert, deren Kern die aus der Al-Kaida stammende Al-Nusra bildet. Cavusoglu warf Syrien und seinen Verbündeten vor, die Anwesenheit der Extremisten als Vorwand zu nehmen, um gegen Zivilisten und moderate Rebellen vorzugehen.
Am Sonntag waren nach Angaben von Aktivisten bei Luftangriffen in der nordwestlichen Provinz mindestens 21 Zivilisten getötet worden. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte macht die syrische und die russische Luftwaffe für die Bombardierungen verantwortlich. In der belagerten Rebellenenklave Ghuta östlich von Damaskus sind seit dem Jahreswechsel nach UN-Angaben 85 Zivilisten bei Angriffen der syrischen Streitkräfte getötet worden.
Quelle: ntv.de, mli/rts/dpa