"Hitlers Überbleibsel" Türkische Presse pöbelt gegen Merkel
05.09.2017, 12:14 Uhr
Die türkische Tageszeitung "Aksam" versucht nach dem TV-Duell, mit der Nazi-Keule bei den Lesern zu punkten.
(Foto: dpa)
Das TV-Duell schlägt hohe Wellen in der Türkei: Nachdem sowohl Kanzlerin Merkel als auch SPD-Chef Schulz einen Stopp der EU-Beitrittsgespräche ins Spiel gebracht haben, empört sich die türkische Presse - und schlägt in die gleiche Kerbe wie einst Präsident Erdogan.
Nach der Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem SPD-Herausforderer Martin Schulz an der Türkei hat die regierungsnahe türkische Zeitung "Aksam" Nazivorwürfe gegen Deutschland erhoben. Das Blatt erschien mit Hakenkreuz auf der Titelseite und der Schlagzeile: "Hitlers Überbleibsel". Auf ein Foto Merkels war oberhalb ihrer Oberlippe in kleinen schwarzen Buchstaben ihr Name gedruckt, was den Anschein eines Hitler-Bartes erweckte. Darunter fand sich ein kleineres Bild, das Schulz und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte.
Die regierungsnahe Zeitung "Daily Sabah", die auf Englisch erscheint und sich an Ausländer in der Türkei richtet, kommentierte: "Die Samen des Hasses, die Frau Merkel und Herr Schulz heute pflanzen, werden Deutschland in naher Zukunft in eine weitere gesellschaftliche und politische Krise hineinziehen." Das Blatt beschrieb Deutschland als "den Geburtsort der gegenwärtigen Welle des Populismus in der Welt, die Hochburg der Neonazis und einen Weltführer bei Hassverbrechen".
Nazivorwürfe Ankaras an die Adresse Deutschlands hatten im Frühjahr für eine Krise mit der Türkei gesorgt. Nach der jüngsten Kritik von Merkel und Schulz an der Türkei verglichen türkische Regierungsvertreter Deutschland zwar nicht direkt mit dem Dritten Reich. Außenminister Mevlüt Cavusoglu bemängelte aber, Europa kehre "zu den Werten von vor dem Zweiten Weltkrieg zurück". Dabei handele es sich um "Brutalität, ebenso Faschismus und Gewalt, Intoleranz und gegenseitige Vernichtung".
EU berät im Oktober über Türkei-Frage
Der Sprecher von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, hatte kritisiert, die deutsche Politik beuge sich "dem Populismus und der Ausgrenzung". Damit würden "Diskriminierung und Rassismus" geschürt. Schulz hatte im TV-Duell angekündigt, er wolle sich als Kanzler bei den EU-Partnern für einen Stopp der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einsetzen. Auch Kanzlerin Merkel zeigte sich offen für einen solchen Schritt - und wiederholte dies am Morgen bei der Generaldebatte im Bundestag.
Demnach wird die EU im Oktober über die Frage beraten, ob die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei beendet oder nur ausgesetzt werden. Die CDU-Chefin mahnte aber auch, man müsse dabei sehr besonnen vorgehen, weil die Beziehungen zur Türkei strategische Bedeutung hätten. Merkel warnte die EU davor, sich über die Frage eines Abbruchs der Beitrittsverhandlungen vor den Augen Erdogans zu zerstreiten: "Das würde Europas Position dramatisch schwächen."
Quelle: ntv.de, jug/dpa/rts