50 dokumentierte Fälle UN: Russische Ärzte foltern in Gefängnissen
22.09.2025, 15:10 Uhr Artikel anhören
Hinter russischen Gefängnismauern - hier in der Region Belgorod - soll es zu schwerer Folter gekommen sein.
(Foto: picture alliance/dpa/TASS)
Russland werden immer wieder schwere Misshandlungen von Oppositionellen vorgeworfen. Einem Bericht des UN-Menschenrechtsrats zufolge soll es ein regelrechtes System geben, in dem auch Ärzte eine Rolle spielen. Darin ist von Elektroschocks und Brandzeichen die Rede.
In Russland sind Ärzte und medizinisches Personal nach dem Bericht einer vom UN-Menschenrechtsrat bestellten Expertin an Folter beteiligt. Sie habe mindestens 50 Fälle dokumentiert, erklärte die Sonderberichterstatterin für die Lage der Menschenrechte in Russland, Mariana Katzarova, in Genf. "Die Unterdrückung in Russland eskaliert leider", sagte die Bulgarin bei der Vorstellung ihres Berichts.
Sie sprach von einem Staatssystem aus Angst und Bestrafung, politischen Gefangenen, die verfolgt, gefoltert und zum Schweigen gebracht würden und erzwungenen Behandlungen in der Psychiatrie. Immer öfter würden Anti-Terror-Gesetze gegen Dissidenten eingesetzt. "Viele Menschen sind nicht wegen Verbrechen, sondern wegen ihres Mutes im Gefängnis", sagte sie.
Katzarova hat nach eigenen Angaben mit mehr als 200 russischen und internationalen Menschenrechtsorganisationen gesprochen und fast 100 schriftliche Berichte erhalten. Russland lehnt die Untersuchung der Menschenrechtslage im Land ab und kooperiert nicht mit der bulgarischen Expertin, wie das Außenministerium vor der Ratssitzung mitteilte. Deshalb gebe es auch keine Reaktion auf den jüngsten Bericht, sagte ein Sprecher der Botschaft in Genf.
Katzarova schilderte den Fall eines ukrainischen Soldaten, der verletzt in Gefangenschaft geriet. Ein Arzt habe ihn zwar korrekt operiert, aber dann ein Brandmal mit den Worten "Ehre sei Russland" auf seinem Bauch hinterlassen. Medizinisches Personal sei aktiv bei Folter mit Elektroschocks dabei gewesen und habe Folterer angewiesen, wie sie vorgehen sollten. Sie stünden tatenlos dabei, wenn Menschen geschlagen und misshandelt werden. Andere Gefangene erlebten Zwangsmaßnahmen in der Psychiatrie. "Zieht die Folterer zur Rechenschaft", sagte Katzarova.
Viele Festnahmen bei Antikriegsprotesten
Von Anfang 2024 bis Mitte 2025 seien mindestens 912 Personen aus politischen Motiven angeklagt worden. Mindestens 390 seien in Gewahrsam. Viele seien wegen friedlicher Proteste gegen den Krieg gegen die Ukraine festgenommen worden.
Der UN-Menschenrechtsrat besteht aus 47 Ländern, die für jeweils drei Jahre von der UN-Vollversammlung gewählt werden. Der Rat kann per Abstimmung unabhängige Experten bestellen, die dem Rat Berichte vorlegen, über die Lage in einzelnen Ländern oder Regionen oder zu bestimmten Themen.
Quelle: ntv.de, als/dpa