Politik

Misstrauen gegenüber WashingtonBrisante Gespräche der Europäer über US-Treffen mit der Ukraine geleakt

04.12.2025, 16:13 Uhr
August-18-2025-Washington-District-Of-Columbia-USA-Ukrainian-President-Volodymyr-Zelenskyy-European-Commission-President-Ursula-von-der-Leyen-German-Chancellor-Friedrich-Merz-Finnish-President-Alexander-Stubb-U-K-Prime-Minister-Keir-Starmer-and-French-President-Emmanuel-Macron-wait-in-the-Roosevelt-Room-as-President-Donald-Trump-makes-a-call-with-Russian-President-Vladimir-Putin-in-the-Oval-Office-Monday-August-18-2025
Unter anderem Kanzler Merz, Nato-Generalsekretär Rutte und Frankreichs Staatschef Macron sollen sich kritisch geäußert haben. (Foto: IMAGO/ZUMA Press Wire)

Europäische Spitzenpolitiker und ukrainische Vertreter loben immer wieder die Bemühungen der USA für ein Ende des russischen Angriffskriegs. Auch wenn Washington dabei oft stark auf die Interessen Moskaus eingeht. Hinter verschlossenen Türen sind die Zweifel der Europäer jedoch anscheinend enorm.

Europäische Staatschefs haben sich einem "Spiegel"-Bericht zufolge in einem Telefongespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor dem Treffen zwischen Kiew und Washington in den USA am vergangenen Wochenende zutiefst besorgt gezeigt. Mehrere Zitate zeugen von einem starken Misstrauen gegenüber Teilen der US-Regierung.

So soll Finnlands Präsident Alexander Stubb gesagt haben: "Wir dürfen die Ukraine und Wolodymyr nicht mit diesen Jungs alleinlassen." Nato-Generalsekretär Mark Rutte fügte hinzu: "Ich bin mit Alexander einer Meinung, wir müssen Wolodymyr beschützen." Sowohl Stubb als auch Rutte haben den Ruf, gut mit US-Präsident Trump klarzukommen.

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron soll in dem Telefongespräch gar einen Verrat befürchtet haben: "Es besteht die Möglichkeit, dass die USA die Ukraine beim Thema Territorium verraten, ohne Klarheit über Sicherheitsgarantien." Paris bestritt auf "Spiegel"-Anfrage jedoch, dass Macron sich so geäußert hatte. Genaueres wollte der Élysée-Palast nicht mitteilen.

Auch Aussagen von Bundeskanzler Friedrich Merz sind in dem Bericht zu finden. Dieser soll gesagt haben, Selenskyj müsse "in den nächsten Tagen extrem vorsichtig" sein. Zugleich warnte er: "Sie spielen Spielchen, sowohl mit euch als auch mit uns." Gemeint waren wahrscheinlich der US-Sondergesandte Steve Wittkoff sowie Trumps Schwiegersohn Jared Kushner. In der Telefonschalte der Europäer sollen auch weitere Teilnehmer außer den oben genannten ihr Misstrauen deutlich gemacht haben.

Die Bundesregierung wollte den Bericht nicht kommentieren. Der "Spiegel" beruft sich auf zwei Gesprächsteilnehmer, die mitgeteilt hätten, dass der Inhalt des Telefonats richtig wiedergegeben worden sei. Einzelne Zitate wollten sie mit Verweis auf die Vertraulichkeit des Gesprächs jedoch nicht bestätigen.

Alarmstimmung wegen Witkoff

Am vergangenen Wochenende war ein Verhandlungsteam der Ukraine um Delegationsleiter Rustem Umjerow in die USA gereist, um mit Vertretern der US-Regierung zu sprechen. Witkoff und Kushner hatten sich zudem am Dienstag nach Moskau begeben. Dort wurden allerdings keine Kompromisse zu heiklen Punkten wie den besetzten Gebieten gefunden.

Besonders der Immobilienunternehmer Witkoff steht bereits seit längerer Zeit wegen seiner Russlandnähe in der Kritik - auch bei den Republikanern. So verbreitete er bereits Anfang des Jahres in einem Interview mit dem rechtspopulistischen Moderator Tucker Carlson russische Falscherzählungen. Zudem äußerte Witkoff sich äußerst wohlwollend über den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der Kremlchef wird vom Internationalen Strafgerichtshof wegen Kriegsverbrechen per Haftbefehl gesucht.

Die Europäer und die Ukraine hatten die USA kürzlich erst dazu gebracht, einen mit Russland ausgearbeiteten 28-Punkte-Plan für ein Ende des Krieges abzuändern. Dieser wäre stark zulasten der Ukraine gegangen. Der Plan wurde Medienberichten zufolge von Witkoff und dem Putin-Vertrauten Kirill Dmitrijew erarbeitet. Dass sich die USA auf Änderungen einließen, nachdem sie zuvor erneut enormen Druck auf Selenskyj gemacht hatten, kam für viele überraschend und wurde als positives Zeichen aufgenommen.

Quelle: ntv.de, rog

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