Kreis für Rekrutierung erweitert Russland billigt Militärdienst von Schwerverbrechern
28.10.2022, 11:59 Uhr
Russische Rekruten bei einer Militärübung: In Russland sollen künftig auch Schwerverbrecher an die Waffen.
(Foto: picture alliance/dpa/Russian Defense Ministry Press Service/AP)
Zehntausende Russen sind wegen Putins Teilmobilmachung geflohen: Um die Reihen der kämpfenden Verbände in der Ukraine aufzufüllen, macht das Unterhaus nun den Weg dafür frei, verurteilte Schwerverbrecher zu rekrutieren. Das war im Dekret des Kremlchefs so eigentlich nicht vorgesehen.
Das russische Unterhaus hat einen Gesetzesentwurf verabschiedet, der die Mobilmachung von wegen Schwerverbrechen verurteilten Ex-Häftlingen für den Militäreinsatz in der Ukraine ermöglichen soll. Die nun von der Duma verabschiedete Neuregelung bezieht sich auf Gefangene, die weniger als acht Jahre wegen schwerer Verbrechen einsaßen, sowie solche, die weniger als zehn Jahre wegen besonders schwerer Verbrechen in Haft waren. Die Rekrutierung solcher Ex-Häftlinge war in dem im September von Präsident Wladimir Putin unterzeichneten Dekret zur Mobilmachung für den Ukraine-Einsatz nicht vorgesehen.
Laut den jetzt von der Duma beschlossenen Regelungen können allerdings auch künftig solche Ex-Gefangene nicht mobilisiert werden, die wegen Pädophilie, Geiselnahme, Anschlägen, Schmuggel radioaktiver Materialien, Spionage oder Hochverrats verurteilt worden waren. Das von der Duma beschlossene Gesetz muss auch noch vom Oberhaus gebilligt werden, bevor es Putin mit seiner Unterschrift in Kraft setzen kann.
In Russland hatte Mitte September ein Video für Aufsehen gesorgt, das angeblich den kremlnahen Oligarchen Jewgeni Prigoschin beim Rekrutieren von Gefängnisinsassen als Kämpfer zeigen soll. In dem Video, das Anhänger des Kremlkritikers Alexej Nawalny und einige Medien verbreiteten, ist ein Mann zu sehen, der vor Gefangenen auftritt und ihnen die Freilassung verspricht, wenn sie sich für ein halbes Jahr als Söldner in der Ukraine verpflichten. Er warnt jedoch, dass der Krieg schwerer sei als in Tschetschenien. In der Vergangenheit hatten Medien immer wieder darüber berichtet, dass Prigoschin die berüchtigte Söldnereinheit "Wagner" finanzieren soll.
Nach der Mobilmachung im September waren mehr als 200.000 zusätzliche Männer für den Armeedienst rekrutiert worden, wie das Verteidigungsministerium in Moskau Anfang Oktober mitgeteilt hatte. Allerdings gab es in verschiedenen russischen Regionen Demonstrationen gegen die Mobilisierung. Zehntausende Russen flüchteten eilig ins Ausland, um sich dem Armeedienst zu entziehen. Putin räumte Fehler ein, nachdem bekannt geworden war, dass auch Männer zur Armee eingezogen worden waren, die dafür eigentlich nicht infrage kamen - weil sie studieren oder krank oder zu alt sind.
Quelle: ntv.de, ysc/AFP