Alte Grenzen, fremde Territorien Orbans Großungarn-Schal erzürnt die Ukraine
24.11.2022, 12:08 Uhr (aktualisiert)
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban scheint Russland oftmals gedanklich näher zu sein als der EU.
(Foto: REUTERS)
Am Sonntag besucht Ministerpräsident Viktor Orban mal wieder ein Spiel der ungarischen Nationalmannschaft. Um seinen Hals prangt prominent ein Schal, der zu diplomatischen Verwerfungen mit der Ukraine führt. Denn darauf wird ukrainisches Staatsgebiet Ungarn zugeschlagen.
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hat mit einem Fanschal einen diplomatischen Eklat mit der Ukraine verursacht. Im Rahmen des Testspiels der ungarischen Nationalmannschaft gegen Griechenland (2:1) trug der nationalistische Regierungschef am Sonntag einen Schal, auf dem Ungarn in seinen Grenzen von vor 1918 zu sehen ist. Zum damaligen Großungarn gehörten auch Gebiete, die heute in der Ukraine, in Österreich, der Slowakei, Rumänien, Kroatien und Serbien liegen. Bei Instagram veröffentlichte Orban auch Fotos und Videos mit dem Schal um seinen Hals.
Nach Bekanntwerden der Aufnahmen kündigte das ukrainische Außenministerium an, den ungarischen Botschafter in Kiew einzubestellen. "Die Förderung revisionistischer Ideen in Ungarn trägt nicht zur Entwicklung der ukrainisch-ungarischen Beziehungen bei und entspricht nicht den Grundsätzen der Europapolitik", erklärt der ukrainische Außenamtssprecher Oleg Nikolenko auf Facebook. Die Ukraine fordere eine Entschuldigung und eine Erklärung, dass Ungarn keine Ansprüche auf ukrainisches Territorium erhebe.
Der ungarische Regierungschef gilt als Russland-nah und Bewunderer des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Als russische Truppen im Februar in die Ukraine einmarschierten, vermied er es, den Krieg direkt zu verurteilen. In einem Statement verzichtete Orban auf klare Worte wie "Krieg" und "Aggression". Vergangenen Freitag warf er der EU vor, ihrerseits mit Sanktionen und Waffenlieferungen einen direkten Konflikt mit Russland zu provozieren. Ein von der EU-Kommission vorgeschlagenes Hilfspaket für die Ukraine, das 18 Milliarden Euro in Form von vergünstigten Krediten vorsieht, lehnte Orban ab. Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj warf er nach dem Raketeneinschlag in Polen vor, sich unverantwortlich zu äußern.
Orbans Außenminister besucht Sotschi
Die besondere Nähe Ungarns zu Russland wird auch bei einer Atommesse in Sotschi deutlich. Der ungarische Außenminister Peter Szijjarto, der am Sonntag gemeinsam mit Orban das Spiel ungarischen Nationalmannschaft besucht hatte, brach am Montag zur Atomexpo in der russischen Schwarzmeerstadt auf. Szijjarto hatte erst im Oktober ein energiepolitisches Forum in Moskau besucht.
Im September hatte Szijjarto am Rande der UN-Generalversammlung bereits als einziger EU-Außenminister den russischen Außenminister Sergej Lawrow getroffen. Zur Atomausstellung nach Sotschi reiste Szijjarto nun, weil das russische Unternehmen Rosatom in Ungarn zwei neue Reaktorblöcke für das Atomkraftwerk Paks errichtet.
"Ich hoffe aufrichtig, dass kein einziges europäisches Land diese Investition verhindern wird", sagte Szijjarto in Sotschi laut Außenministerium. Die Sicherheit der Energieversorgung sei "heutzutage eine Frage der nationalen Sicherheit, ja sogar der Souveränität". Das Investitionsvorhaben Paks 2 hat ein Volumen von zwölf Milliarden Euro. Die Reaktoren sollen bis 2030 fertiggestellt sein.
(Dieser Artikel wurde am Dienstag, 22. November 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, chr/rts/dpa