"Er war sehr nah" Ukrainische Bradley-Crew schildert Kampf gegen T-90-Panzer
20.01.2024, 19:52 Uhr Artikel anhören
Es ist ein ungleicher Kampf: Drohnenaufnahmen aus der Ostukraine zeigen, wie ein Bradley einen modernen russischen Kampfpanzer beharkt. Am Ende fährt das unterlegene Fahrzeug aus US-Produktion als Sieger vom Platz. Nun spricht die ukrainische Besatzung über das Gefecht.
Seit einigen Tagen gehen Videoclips im Internet viral, die den Kampf eines ukrainischen Bradley-Schützenpanzers gegen einen russischen T-90-Panzer im Dorf Stepowe, nördlich der umkämpften Stadt Awdijiwka, dokumentieren. Zu sehen ist, wie das US-Fahrzeug mit seiner Maschinenkanone den russischen Panzer in einer vereisten Trümmerlandschaft unter Dauerfeuer nimmt, bis mehrere große Explosionen den T-90M Proryw umgeben. Schließlich bleibt der Panzer kampfunfähig liegen und die Besatzung türmt.
Die ukrainische Nachrichtenseite TCH hat nun mit den beiden Angehörigen der 47. mechanisierten Brigade gesprochen, die während des Duells den Bradley steuerten. "Ich kann nicht beschreiben, was es bedeutet, einen Panzer im Visier zu haben", sagt Kommandant und Richtschütze Serhiy im Interview. Ihm sei das Herz in die Hose gerutscht. "In der Ausbildung habe ich gesagt: 'Gott bewahre, dass ich einen Panzer im Visier sehe'. Nun hat sich herausgestellt, dass ich einen gesehen habe, und er war sehr nah."
Laut Serhiy war zu Beginn noch ein weiterer Bradley in das Gefecht involviert. Dieser habe aber abdrehen müssen. "Wir feuerten mit allem, was wir hatten", erzählt Fahrer Oleksandr. Und Serhiy ergänzt: "Da ich Videospiele gespielt habe, wusste ich genau, wie und wo man ihn treffen musste." Aufgrund von Problemen mit der Anti-Panzer-Bewaffnung habe er angefangen, die feindliche Panzerbesatzung mit seinen Feuerstößen zu blenden, um einen Rückzug zu verhindern.
"Wir gehen ein hohes Risiko ein"
TCH zufolge war der Kampf gegen den russischen Panzer erst der zweite gemeinsame Einsatz von Serhiy und Oleksandr. Ursprünglich sollten sie an dem Tag ihren Kameraden in den Schützengräben Deckung vor russischem Panzerbeschuss geben. "Wir gehen ein hohes Risiko ein", sagt Oleksandr. "Es ist sehr beängstigend. Aber ich denke, wir haben unsere Sache gut gemacht."
Der Schützenpanzer Bradley dient zum Transport von Soldaten und als Feuerunterstützung für die Infanterie. Bislang hat die Ukraine 190 dieser Fahrzeuge aus den USA erhalten. Dem russischen T-90M Proryw ist der Bradley im Hinblick auf Feuerkraft und Panzerung deutlich unterlegen. Mit seiner 25-Millimeter-Kanone hat er keine Chance, die Frontpanzerung der modernsten und kampfstärksten Variante des T-90 zu durchschlagen.
Wie das Magazin "Stern" unter Berufung auf russischen Quellen berichtet, soll bei dem Duell in Stepowe einer der ersten Treffer die Visieroptik, und damit die Hauptwaffe des russischen Panzers unbrauchbar gemacht haben. Weitere Treffer beschädigten demnach die Reaktivpanzerung auf der Außenseite und den Turm, der sich daraufhin unkontrolliert drehte. Nachdem der T-90 mit einem Baum kollidiert war, flüchtete die Besatzung. Angaben der 47. mechanisierten Brigade zufolge, zerstörte am Ende eine Kamikazedrohne den aufgegebenen Panzer.
Quelle: ntv.de