Zufluchtsort in Sjewjerodonezk Ultimatum für Chemiewerk abgelaufen
15.06.2022, 09:33 Uhr
Das Chemiewerk Asot in Sjewjerodonezk steht weiter unter Beschuss.
(Foto: dpa)
Neben ukrainischen Soldaten sollen sich im Asot-Chemiewerk in der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk auch Hunderte Zivilisten verschanzt haben. Alle Versuche einer Evakuierung scheiterten bisher. Russland hatte den Menschen bis heute Morgen Zeit gelassen, das Werk zu verlassen. Nun ist diese Frist verstrichen.
Nach wochenlangen Kämpfen um Sjewjerodonezk ist am Morgen ein russisches Ultimatum für die in einem Chemiewerk der Stadt verschanzten Soldaten abgelaufen. Bis 8 Uhr Moskauer Zeit sollten sich die Kämpfer ergeben, hatte die russische Regierung laut einem Agenturbericht gefordert. Ob die Soldaten tatsächlich die Waffen niedergelegt haben, ist unklar.
Britische Geheimdienstinformationen untermauerten die Darstellung der ukrainischen Behörden, dass in den Bunkern des Asot-Chemiewerks auch Hunderte Zivilisten ausharren. Mehr als 500 Zivilisten sollen dort Schutz suchen. Russland hatte zugesichert, dass sie das Werk sicher verlassen könnten.
Die Situation in Sjewjerodonezk habe sich extrem verschärft, erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj am Dienstag auf Telegram. "Die Russen zerstören Hochhäuser und Asot", fügte er mit Blick auf das Chemiewerk hinzu. Die Situation erinnert an die Lage in der Hafenstadt Mariupol, wo Zivilisten wochenlang mit verwundeten ukrainischen Kämpfern in einem Stahlwerk ausgeharrt hatten.
Belagerungsring um die Stadt
Die ukrainischen Behörden versuchen weiter, eine Evakuierung von Sjewjerodonezk zu ermöglichen. Nach der Zerstörung der letzten strategisch wichtigen Brücke zieht sich der Belagerungsring um die Stadt, die ursprünglich gut 100.000 Einwohner hatte, aber immer enger. Das britische Verteidigungsministerium teilte mit, Geheimdienstinformationen zufolge kontrollierten russische Kräfte inzwischen den überwiegenden Teil der Stadt.
"Wir müssen durchhalten", sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstagabend. "Je mehr Verluste der Feind hinnehmen muss, desto weniger Kraft wird er für seine Aggressionen haben." Die Ukraine fordert vom Westen immer nachdrücklicher Waffenlieferungen, was am Mittwoch auch Thema beim Verteidigungsministertreffen der NATO in Brüssel werden dürfte.
Quelle: ntv.de, jug/rts