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Wirbel um Kraftstoff HVO100 Umwelthilfe klagt gegen Verkehrsministerium

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Verkehrsminister Wissing und Staatssekretär Luksic warben intensiv für die Zulassung von HVO100.

Verkehrsminister Wissing und Staatssekretär Luksic warben intensiv für die Zulassung von HVO100.

(Foto: picture alliance/dpa)

HVO100 ist ein Verbrennerkraftstoff, soll aber deutlich weniger Emissionen erzeugen. Die Umwelthilfe bezweifelt das und fordert Informationen. Das Verkehrsministerium mauert, die NGO klagt. Druck gibt es für Wissing allerdings auch wegen zahlreichen Werbeauftritten für den Kraftstoff.

Wegen einer Werbekampagne zum kürzlich zugelassenen Kraftstoff HVO100 steht das Bundesverkehrsministerium bereits unter Druck. Am Dienstag reichte die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zudem Klage wegen des Synthetik-Diesels gegen das von Volker Wissing geführte Haus ein. Darin pocht sie auf die Herausgabe von Abgasmessungen zu dem Kraftstoff. Das Ministerium wies die Vorwürfe zurück.

Seit Ende Mai kann HVO100 an Tankstellen in Deutschland gekauft werden. Der synthetische Kraftstoff wird etwa aus Pflanzenölen, pflanzlichen und tierischen Fetten oder daraus bestehenden Abfallstoffen hergestellt und soll eine bessere Klimabilanz aufweisen als herkömmlicher Diesel.

Bei der Verbrennung wird ähnlich viel CO2 freigesetzt, da dieses CO2 jedoch aus nachwachsenden Rohstoffen stammt, ist die Bilanz nahezu klimaneutral - es kommen lediglich die Emissionen zum Tragen, die bei der Herstellung des Kraftstoffes angefallen sind. Unter dem Strich wird von einer CO2-Reduktion von bis zu 90 Prozent ausgegangen. Der Kraftstoff kostet an der Zapfsäule allerdings spürbar mehr als herkömmlicher Diesel.

Die Deutsche Umwelthilfe spricht in dem Zusammenhang von einer "Scheinlösung". Die Umweltschützer verweisen etwa auf "erhöhte Stickoxid-Emissionen bei bestimmten Dieselfahrzeugen" beim Betrieb mit HVO100.

Verkehrsministerium widerspricht Umwelthilfe

Den Angaben der DUH zufolge reagierte das Bundesverkehrsministerium nicht auf wiederholte Anfragen zu den Abgaswerten. Mitte Juni stellte die Organisation einen formalen Antrag auf Basis des Umweltinformationsgesetzes (UIG) und forderte Informationen bis zum 12. Juli. Nachdem das Ministerium auch auf eine gesetzte Nachfrist nicht reagiert habe, habe sie Klage beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht, erklärte die Organisation.

Für das Bundesverkehrsministerium sind die Angaben der DUH "nicht nachvollziehbar". "Es wurden keine belastbaren Ergebnisse präsentiert, die die behauptete Verschlechterung der Schadstoffemissionen beim Betrieb mit HVO100 belegen würden", erklärte das Ministerium. Die DUH habe nur ein Fahrzeug getestet, für das herstellerseitig keine Freigabe für HVO100 bestehe. Daraus ergebe sich keine allgemeingültige Aussage.

Die Untersuchungen der Umweltschützer seien zudem ungeeignet, "Emissionsauswirkungen des Kraftstoffes in Vergleichsmessungen wissenschaftlich zu verifizieren", so das Ministerium und verwies auf eine Stellungnahme des ADAC von Ende Juni. Der Automobilclub hält die Meldungen der DUH zu höheren Abgaswerten demnach für einen "durchsichtigen Versuch, den neuen Dieselkraftstoff HVO100 zu diskreditieren".

Wissing wirbt für HVO100-Kampagne

Aus Sicht des Verkehrsministeriums seien in der Gesamtbetrachtung "keine signifikanten Emissionserhöhungen durch den Betrieb mit HVO100 zu erwarten". Im Gegenteil werde "sogar tendenziell von einer Senkung relevanter Emissionen" ausgegangen.

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Kritik im Zusammenhang mit HVO100 gab es zuletzt wegen der Beteiligung des Bundesverkehrsministeriums an einer Werbekampagne für den Kraftstoff. Dahinter steht der Münchner Verein "Mobil in Deutschland". Recherchen des ZDF-Magazin "frontal" legen dabei mögliche Grenzüberschreitungen des Bundesverkehrsministeriums nahe. Demnach ließen sich Wissing und sein Staatssekretär Oliver Luksic in die Kampagne einspannen, obwohl sich Fachreferate des Ministeriums laut internen Papieren dagegen ausgesprochen hatten.

Wissing und Luksic traten laut ZDF bei Terminen auf, unterstützten Werbemaßnahmen für HVO100 und trafen sich mit Geldgebern. Luksic übernahm die Schirmherrschaft der Kampagne, zog sich davon am Montag jedoch zurück. Zudem soll der Lobby-Verein mit der "Möglichkeit, sich bei einem exklusiven VIP-Meeting mit Minister oder Staatssekretär vorzustellen und auszutauschen" geworben haben. Kosten für diese und weitere Leistungen: Eine "Premium-Kooperation" für 9900 Euro.

Das Bundesverkehrsministerium wehrte sich gegen Vorwürfe einer "unrechtmäßigen Einflussnahme von Interessengruppen und einer Vermittlung von Terminen mit der Hausleitung gegen Bezahlung". Die Vorwürfe richteten sich gegen den Verein und nicht das Ministerium. Nach Bekanntwerden der Recherchen von ZDF "frontal" habe Luksic in einem Brief an "Mobil in Deutschland" um "umfassende Aufklärung" gebeten, sagte ein Sprecher des Verkehrsministeriums. Bis die Vorwürfe rückstandslos ausgeräumt sind, ruhe die Schirmherrschaft.

Quelle: ntv.de, als/AFP

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