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N-Wort und "Judenstern"-Äußerung Uni-Präsident fordert Entschuldigung von Palmer

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Sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.

Sieht sich heftiger Kritik ausgesetzt: Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer.

(Foto: picture alliance / Pressebildagentur ULMER)

Am Rande einer Migrationskonferenz an der Uni in Frankfurt am Main kommt es zum Eklat: Tübingens Oberbürgermeister Palmer benutzt mehrfach das N-Wort und versucht sich im Anschluss zu rechtfertigen. Die Empörung ist groß.

Nach den umstrittenen Äußerungen des Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer fordert der Präsident der Goethe-Universität in Frankfurt am Main, Enrico Schleiff, eine öffentliche Entschuldigung. Palmer, dessen Grünen-Parteimitgliedschaft bis zum Ende des Jahres ruht, war zu einer Konferenz zum Thema "Migration steuern, Pluralität gestalten" an der Goethe-Universität in Frankfurt geladen. Im Vorfeld unterhielt er sich mit anderen Konferenzgästen sowie Studierenden - und nutzte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge dabei mehrfach das N-Wort. Mit dem sogenannten N-Wort wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben.

Videos in den sozialen Medien zeigten, wie Palmer sich im Anschluss vor Studierenden für das N-Wort rechtfertigen wollte. Dort warf er den Anwesenden vor, dass sie "Menschen anhand von einem einzelnen Wort" beurteilten. Weiter fügte er hinzu: "Und das ist nichts andere als der Judenstern." Als die Gruppe mit "Nazis raus"-Sprechchören reagierte, stimmte Palmer mit ein. "Ich will auch keine Nazis in diesem Land", erklärte er.

Palmer bestätigte, dass die Äußerungen so gefallen sind. "Ich habe die Methode der Protestierer, mir den Stempel als Nazi und Rassist aufzudrücken, niederzuschreien und auszugrenzen, als Vergleich herangezogen", erklärte Palmer den Kontext aus seiner Sicht. Er habe den Protestierern erklärt, dass Nazis die Gräber seiner Vorfahren mit Hakenkreuzen beschmiert hätten und ihnen entgegnet, dass "ihre Methode der Ächtungen und Ausgrenzung sich nicht vom Judenstern unterscheidet". Mehr wollte der 50-Jährige dazu nicht sagen.

In einem Facebook-Post erläuterte Palmer, er sage das N-Wort, weil er Sprachvorschriften nicht akzeptiere. "Das hochumstrittene Wort" gehöre jedoch nicht zu seinem aktiven Wortschatz. "Ich benutze es nur, wenn darüber diskutiert wird, ob man schon ein Rassist ist, wenn man es verwendet. Darüber entscheidet für mich der Kontext."

Organisatorin distanzierte sich "ausdrücklich"

In seiner Stellungnahme erklärte Uni-Präsident Schleiff: "Jede explizite oder implizite den Holocaust relativierende Aussage ist vollkommen inakzeptabel und wird an und von der Goethe-Universität nicht toleriert - dies gilt gleichermaßen für die Verwendung rassistischer Begriffe." Er verurteile Palmers Rechtfertigungsversuche "aufs Schärfste" und akzeptiere dies weder persönlich noch als Präsident. "Daher erwarte ich nicht nur eine öffentliche Entschuldigung von Herrn Palmer an die von seiner Beleidigung betroffenen Personen, sondern auch an die jüdische Gemeinschaft und gegenüber der Goethe-Universität."

Medienberichten zufolge eskalierte die Situation um Palmers Äußerungen auf der anschließenden Podiumsdiskussion weiter. Der Politiker beharrte darauf, dass es bei der Verwendung des N-Wortes auf den Kontext ankomme, wie die "Frankfurter Rundschau" berichtet. Justitiabel sei dies demnach nur, wenn man es gegenüber einer Schwarzen Person nutzen würde. Außer in dieser Situation sei es legitim. Laut der FAZ widersprachen mehrere Konferenzteilnehmer, darunter der Psychologe Ahmad Mansour, Sozialwissenschaftler Ruud Koopmans und Politiker Manuel Ostermann. Demnach hätten sie argumentiert, dass es eine Respektlosigkeit und verletzend sei, ein Wort mehrfach zu wiederholen, das für andere eine Beleidigung darstelle.

Im Nachgang distanzierte sich auch die Organisatorin der Konferenz, die Ethnologieprofessorin Susanne Schröter, "nachdrücklich" von den Aussagen Palmers. "Sein Verhalten hat die sehr gute und differenziert geführte Tagung schwer beschädigt und ist nicht akzeptabel", erklärte sie auf Twitter. Der AStA der Goethe-Universität äußerte sich am Mittag in einer Stellungnahme. Die Studierendenvereinigung sprach von "unentschuldbaren rassistischen und antisemitischen Aussagen", die "eine Schande für die Goethe-Universität sind und bleiben werden". Auch der AStA warf Palmer vor, den Holocaust zu relativieren. Gleichzeitig kritisierte er auch Organisatorin Schörter. In ihrer Mitteilung behauptete die Studierendenvereinigung, die Professorin habe "bereits mehrfach Personen aus dem rechtspopulistischen Spektrum in akademischen Kontexten eine Bühne geboten".

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Trotz der Debatte um seine Wortwahl hielt Palmer seinen Vortrag mit dem Titel "Memorandum für eine andere Migrationspolitik". Darin schlug er unter anderem Qualitätsabstriche bei der Versorgung von neu ankommenden Flüchtlingen sowie eine Erstversorgung mit Sachleistungen statt mit Geldmitteln vor. Dies sei notwendig, um den begrenzten Ressourcen auf dem Wohnungsmarkt, im Gesundheits- und Bildungswesen zu begegnen, berichtete die FAZ über den Vortrag des Politikers.

Auf der Konferenz ging es unter anderem um die Herausforderungen für Kommunen durch die Einwanderung. Teilnehmer waren Wissenschaftler, Lehrer, Schulleiter, Polizisten und Politiker. Einigkeit herrschte dabei, die legale Einwanderung nach Deutschland zu fördern und Migration für Schutzsuchende sicherer machen zu wollen.

Quelle: ntv.de, ses/dpa

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