Politik

Merkel für Schutzzone in Syrien Union erwägt notfalls Grenzschließungen

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EU-Außengrenze verteidigt: Merkel zu Beginn der Fraktionssitzung.

(Foto: picture alliance/dpa)

Tausende Flüchtlinge an der griechischen Grenze versetzen die deutsche Politik in Alarmstimmung. Unionsvertreter fordern zur Not eine Schließung der deutschen Grenze. Auch Kanzlerin Merkel verteidigt diesmal die EU-Außengrenze. Grüne, Linke und SPD wollen dagegen Flüchtlinge aufnehmen.

Angesichts des Migrantenandrangs an der griechischen EU-Außengrenze droht die Spitze der Unionsfraktion im Bundestag mit einer Schließung der deutschen Grenzen. "Die Botschaft muss eine ganz klare sein: Wenn es uns nicht gelingt, die europäische Außengrenze effektiv zu schützen, dann kann das nur bedeuten, dass wir die deutsche Grenze engmaschig kontrollieren müssen und dort auch zu Zurückweisungen kommen müssten", sagte Unionsfraktionsvize Thorsten Frei am Rande einer Sitzung der Abgeordneten von CDU und CSU in Berlin.

Innenminister Horst Seehofer warnte vor einem schlimmeren Szenario als bei der Flüchtlingskrise 2015 - damals waren rund 890.000 Migranten und Schutzsuchende nach Deutschland eingereist. "Ich habe sehr deutlich heute in der Fraktion gesagt, dass die Grenzen Europas nicht geöffnet sind für diese Flüchtlinge aus der Türkei und das gilt auch für unsere Grenze", sagte er nach einer Sitzung. Er und die Kanzlerin arbeiteten in dieser Krise "im Gleichschritt". Wichtig sei, dass sich Zustände wie während der Flüchtlingskrise 2015 nicht wiederholten.

Putin lehnt Gipfel ab

Kanzlerin Angela Merkel lobte nach Angaben von Teilnehmern in der Sitzung Griechenland und Bulgarien für deren bisherigen Schutz der EU-Außengrenze. Die Regierung in Athen leiste derzeit andere Arbeit als 2015. Laut Teilnehmern machte Merkel den russischen Präsidenten Wladimir Putin dafür verantwortlich, dass der eigentlich in dieser Woche angedachte Vierer-Gipfel zur Lage in der umkämpften syrischen Stadt Idlib nicht zustande komme. Putin habe ihr und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron gesagt, er wolle kein solches Treffen. Sie selbst habe dagegen Putin gegenüber ihre Bereitschaft für solche Beratungen bekräftigt. Merkel hatte vor der Fraktionssitzung mit Putin telefoniert.

Angesichts der Lage der Flüchtlinge in Nordsyrien plädierte die Kanzlerin für eine Sicherheitszone in der Region. Mit der Sicherheitszone griff Merkel einen Vorschlag auf, den zuvor Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer gemacht hatte, um die syrischen Flüchtlinge zu schützen und zu versorgen. Merkel habe sehr energisch den Schutz der EU-Außengrenzen gefordert, hieß es weiter.

CDU-Politiker warnen vor falschen Anreizen

Vertreter von Grünen, SPD und Linken plädierten derweil für eine Aufnahme von Geflüchteten. Der Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer, entgegnete diesen Stimmen auf Twitter: "Wenn wir 5000 aufnehmen, machen sich 50.000 zusätzlich auf den Weg. Keine falschen Hoffnungen wecken!"

Die Lage an der griechischen Außengrenze zur Türkei ist angespannt, seit der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erklärt hat, die türkische Grenze zu Griechenland sei offen. Bei der Flüchtlingskrise 2015 hatte sich Merkel dagegen entschieden, die deutsche Grenze zu schließen. Im Anschluss hatte es jahrelangen Streit mit der CSU gegeben. Kritiker sehen darin auch eine wesentliche Ursache für das Erstarken der AfD.

SPD und Grüne denken über Kontingente nach

Der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder betonte in Hof, es müsse "klar die Botschaft gesendet werden", dass die Grenzen nicht offen seien. "Die Außengrenzen müssen gesichert und stabil bleiben." Deshalb müsse man Griechenland unterstützen, finanziell bei der humanitären Herausforderung, und personell, auch wenn es um die Grenzschutzagentur Frontex gehe.

Die Grünen im Bundestag plädierten für eine "Allianz der Willigen" innerhalb der EU, die Flüchtlinge aus den völlig überfüllten Lagern auf den griechischen Inseln aufnimmt. Viele Kommunen hätten sich zur Aufnahme bereiterklärt, die Kapazitäten seien da, sagte Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Es könnten sofort 5000 Menschen aufgenommen werden, "insbesondere natürlich Kinder, unbegleitete Minderjährige, Frauen, Kranke".

Neben der innenpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion, Ute Vogt, machte sich auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil für die Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland stark. Neben Niedersachsen seien auch vier andere Länder sowie einige EU-Mitgliedsstaaten bereit, besonders schutzbedürftige Kinder aus den überfüllten Lagern von der griechischen Insel Lesbos aufzunehmen, sagte er der Sozialdemokrat. Allerdings gehe das nicht ohne die Zustimmung von Bundesinnenminister Horst Seehofer.

Linksfraktion für Grenzöffnung, AfD-Applaus für Athen

Die Linksfraktion forderte eine Öffnung der griechischen Grenze für die auf der türkischen Seite ausharrenden Migranten. "Die Grenzen müssen geöffnet werden. Den Menschen muss in Griechenland geholfen werden", sagte Fraktionschefin Amira Mohamed Ali vor einer Sitzung ihrer Fraktion in Berlin.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warnte vor einem Kontrollverlust bei der Einwanderung und forderte einen Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs der EU. "Was der griechische Staat braucht - personell, finanziell, logistisch - das sollten wir ihm als Europäer, auch als Deutsche gewähren." Es gehe zunächst um die Kontrolle der Grenze und um den Aufbau einer Verwaltung auf den griechischen Inseln, die Asylanträge bearbeiten könne. Danach könne man dann über eine Verteilung derjenigen sprechen, denen eine Einreise nach Europa ermöglicht wird.

Applaus für das harte Vorgehen griechischer Sicherheitskräfte zur Abwehr von Migranten spendete AfD-Parteichef Jörg Meuthen. "Griechenland zeigt uns allen gerade, wie es geht. Grenzzäune, Tränengas, zur Not auch der Einsatz des Gummiknüppels, wenn der illegale Grenzübertritt anders nicht abzuwenden ist, nicht zu vergessen selbstverständlich auch Patrouillenboote, die illegal in den eigenen Hoheitsbereich eindringende Boote abfangen und zurückschicken - genau so macht man das", schrieb er auf Facebook.

Quelle: ntv.de, mau/dpa/rts

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