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Ex-Präsident wurde 94 Valéry Giscard d'Estaing ist tot

Valéry  Giscard d'Estaing auf einer Konferenz 2019.

Valéry Giscard d'Estaing auf einer Konferenz 2019.

(Foto: picture alliance/dpa)

Der frühere französische Staatschef Valéry Giscard d'Estaing ist tot. Der Zentrumspolitiker starb am späten Mittwochabend im Alter von 94 Jahren - nach einer Infektion mit dem Coronavirus. Giscard d'Estaing war von 1974 bis 1981 Frankreichs Präsident.

Der frühere französische Staatschef Valéry Giscard d'Estaing ist "umgeben von seiner Familie" auf seinem Anwesen in der Gemeinde Authon gestorben. Das teilte sein Umfeld mit. Der 94-Jährige war erst Mitte des Monats nach einem fünftägigen Aufenthalt aus dem Krankenhaus im westfranzösischen Tours entlassen worden. Sein Tod steht nach Angaben der Familie mit einer Covid-19-Erkrankung in Zusammenhang.

Der ehemalige Staatschef war in den vergangenen Monaten mehrfach wegen Herzproblemen ins Krankenhaus eingeliefert worden. "Sein Gesundheitszustand hatte sich verschlechtert und er starb an den Folgen von Covid-19", teilte die Familie in einer Erklärung mit. "Seinem Wunsch entsprechend wird seine Beerdigung im engsten Familienkreis stattfinden."

Frankreichs amtierender Präsident Emmanuel Macron würdigte Giscard d'Estaign in der Nacht auf Donnerstag als "Diener des Staates" und "Politiker des Fortschritts und der Freiheit". Er habe "Frankreich verändert" und seine Vorgaben würden "noch immer unsere Schritte leiten", hieß es in einer Kondolenzbotschaft aus dem Elysée-Palast.

Giscard d'Estaing war ein überzeugter Europäer und äußerte sich in der französischen Öffentlichkeit bis ins hohe Alter zu EU-Fragen. In den 1970er Jahren bildete er mit dem damaligen Bundeskanzler Helmut Schmidt von der SPD ein vorbildhaftes deutsch-französisches Duo. Der hochgewachsene Franzose mit einem aristokratischen Auftreten überlebte seine Nachfolger François Mitterrand (1916-1996) und Jacques Chirac (1932-2019). Bei der Trauerfeier für Chirac im September 2019 in Paris nahm er - gebückt gehend - noch teil.

Enge Beziehung zu Deutschland

Giscard d'Estaing hatte auch persönlich eine enge Beziehung zu Deutschland. Er wurde am 2. Februar 1926 in Koblenz im damals französisch besetzten Rheinland geboren. Nach dem Zweiten Weltkrieg absolvierte er die französische Elitehochschule ENA. Er stieg dann zum Wirtschafts- und Finanzminister auf. Nach dem Tod von Präsident Georges Pompidou wurde er dann im Alter von 48 Jahren in das höchste Staatsamt gewählt.

Giscard setzte im Élyséepalast gesellschaftliche Reformen wie die Liberalisierung des Ehe- und Abtreibungsrechts durch. Gegen Ende seiner Amtszeit litt jedoch seine Popularität - unter anderem wegen der Affäre um ein Diamantengeschenk des zentralafrikanischen Diktators Jean-Bédel Bokassa.

Von 2002 an führte Giscard den EU-Reformkonvent, der zur Erneuerung der Europäischen Union einen Verfassungsentwurf vorlegte. Mit dem Nein der Franzosen und der Niederländer bei Volksabstimmungen im Jahr 2005 scheiterte das Vorhaben jedoch spektakulär. Danach übernahm der EU-Vertrag von Lissabon wichtige Regelungen der abgelehnten Verfassung. 2003 erhielt der Europapolitiker Giscard d'Estaing den Karlspreis der Stadt Aachen.

Giscard d'Estaing nahm im Juni zu einem gegen ihn erhobenen Vorwurf der sexuellen Belästigung Stellung. "Das ist alles grotesk", sagte er dem französischen Radiosender RTL. Eine Reporterin des WDR hatte ihm vorgeworfen, sie sexuell belästigt zu haben. Er habe ihr "nach einem Interview, das ich mit ihm im Dezember 2018 in Paris geführt habe, mehrfach an das Gesäß gefasst", hatte Ann-Kathrin Stracke der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Sie bestätigte, Strafanzeige wegen sexueller Belästigung gestellt zu haben. Die Pariser Staatsanwaltschaft nahm eine Untersuchung auf.

Quelle: ntv.de, joh/dpa/AFP

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