Neonazis in Berlin-Licherfelde Vier Festnahmen nach Angriff auf SPD-Mitglieder
15.12.2024, 18:42 Uhr Artikel anhören
Die Angreifer waren wohl auf dem Weg zu einem rechtsradikalen Aufmarsch in Berlin-Friedrichshain.
(Foto: picture alliance / dpa)
Erst attackieren Neonazis einen SPD-Stand in Berlin-Lichterfelde, dann gehen sie auf zwei Polizeibeamte los. Anrückende Einsatzkräfte können die vier jungen Männer schließlich überwältigen. Nun sollen sie in Untersuchungshaft. Die SPD spricht von "einem Angriff auf die Demokratie".
Nach einem Angriff von mutmaßlichen Rechtsextremisten auf SPD-Mitglieder in Berlin sind vier Jugendliche und junge Männer festgenommen worden. Zunächst wurden Parteimitglieder attackiert, später noch zwei Polizisten verletzt, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten. Die Tatverdächtigen waren demnach am Samstag nach Berlin gereist, um an Demonstrationen teilzunehmen und körperliche Auseinandersetzungen mit "Linken" auszutragen. Sie sind zwischen 16 und 19 Jahren alt.
An einer Bushaltestelle trafen sie den Ermittlern zufolge auf SPD-Mitglieder an einem Wahlkampfstand. Zwei der Verdächtigen sollen im Einvernehmen mit den beiden anderen erst die Mützen von zwei SPD-Mitgliedern demonstrativ auf den Boden geworfen, dann beide beleidigt und körperlich attackiert haben.
Die SPD-Mitglieder seien zu Boden gegangen. Auf einen von ihnen hätten die Angreifer weiter eingeschlagen und mehrmals mit Springerstiefeln massiv gegen Kopf und Oberkörper getreten. Zwei Polizisten seien eingeschritten. Einer der Polizisten sei von einem der Tatverdächtigen rassistisch beleidigt und dann mit einer Glasscherbe im Gesicht verletzt worden. Ein anderer habe einen Mittelhandbruch erlitten. Beide kamen ins Krankenhaus, ebenso das verletzte SPD-Mitglied. Sie wurden dort ambulant behandelt. Die Angriffe konnten erst gestoppt werden, als noch weitere Einsatzkräfte dazukamen.
Gefährliche Körperverletzung
Nun ermitteln der Staatsschutz der Polizei und die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwaltschaft beantragte den Erlass von Untersuchungshaftbefehlen gegen alle vier Verdächtigen. Sie ordnet die Taten als zweifache gemeinschaftliche gefährliche Körperverletzung ein, in einem Fall in Tateinheit mit tätlichem Angriff auf Vollstreckungsbeamte in einem besonders schwerem Fall.
Carolyn Macmillan, die SPD-Fraktionsvorsitzende der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf, war der SPD zufolge unter den Angegriffenen. Sie erklärte nach der Tat: "Wir Demokratinnen und Demokraten müssen jetzt zusammenstehen, denn wir dürfen unseren Platz in Lichterfelde Ost nicht den Nazis überlassen."
SPD-Generalsekretär Matthias Miersch verurteilte die Attacke scharf. Es sei ein Angriff auf unsere Demokratie und auf all jene, die sich für ein solidarisches und offenes Deutschland einsetzten, sagte Miersch dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). "Solche Gewalttaten zeigen erneut, wie gefährlich der Rechtsextremismus für unsere Gesellschaft ist", sagte Miersch.
Die Grünen zeigten Solidarität mit den Angegriffenen. Die Berliner Grünen-Landesvorsitzende Nina Stahr erklärte: "Gewalt hat in unserer Gesellschaft keinen Platz und gemeinsam werden wir uns den Angriffen auf unsere Demokratie entgegenstellen."
63 Rechte gegen 2000 Gegendemonstranten
Die Polizei veröffentlichte derweil Einzelheiten zu der Demonstration im Stadtteil Friedrichshain, zu der die Verdächtigen offenbar gehen wollten. Daran nahmen demnach 63 Menschen teil, mindestens 2000 protestierten bei Gegenveranstaltungen. Mehr als 1200 Menschen hätten an einer der angemeldeten Gegendemonstrationen teilgenommen. Mehr als 600 weitere Menschen setzten sich als Blockade auf die Straße. Die Polizei war mit etwa 1000 Kräften im Einsatz.
Aus den Demonstrationen heraus seien Gegenstände auf die Fahrbahn gebracht sowie Rauchgranaten gezündet worden, außerdem flogen Steine und Flaschen gegen Polizisten. Diese setzten unter anderem Reizgas ein. Gegendemonstranten versuchten den Angaben zufolge, Absperrungen zu durchbrechen oder vor die Demonstration zu gelangen und Pyrotechnik zu werfen. Zwei Teilnehmer der rechten Demonstration hätten versucht, Journalisten anzugreifen. Das sei von der Polizei verhindert worden.
Unter anderem wegen der vielen Gegendemonstranten hätten sich "erhebliche sicherheitspolizeiliche Bedenken" ergeben, hieß es weiter. Der Versammlungsleiter habe den Aufzug schließlich beendet. Es wurden insgesamt 40 Strafermittlungsverfahren eingeleitet. 31 Einsatzkräfte seien verletzt worden.
Quelle: ntv.de, hny/AFP