Annexionspläne als Wendepunkt Estland will über Panzerlieferungen sprechen
21.09.2022, 12:18 Uhr
"Wir alle könnten viel, viel mehr tun", sagt der estnische Präsident Karis.
(Foto: picture alliance / SVEN SIMON/The Presidential Offi)
Mit hastig abgehaltenen Scheinreferenden will Moskau sich die Pseudorepubliken Luhansk und Donezk einverleiben. Estland sieht den Eskalationsschritt als Ausgangpunkt für eine Wende auch beim Westen - und verlangt die Lieferung von Kampfpanzern an Kiew.
Im Falle einer großen Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland hält der estnische Präsident eine Debatte über weitere Lieferungen schwerer Waffen wie Kampfpanzer für nötig. Eine versuchte Einverleibung der "Volksrepubliken" Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine sowie des Gebiets Cherson "ändert wahrscheinlich auch die Situation in Europa und das Verständnis, was wir tun sollten", sagte Staatsoberhaupt Alar Karis. Er betonte, dass die Ukraine sich Panzer wünsche. Auch müsse es weitere Sanktionen der EU gegen Moskau geben. Angesprochen auf die oft als zögerlich kritisierte Rolle Deutschlands in dem Konflikt sagte Karis: "Ich denke, wir alle können viel, viel mehr tun."
Zuvor hatten Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine sowie das Gebiet Cherson im Süden angekündigt, über einen Beitritt zur Russischen Föderation abstimmen lassen zu wollen. Das teilten die Regionen am frühen Nachmittag mit. Die Abstimmungen sollen demnach vom 23. bis 27. September abgehalten werden. Auf ähnliche Weise annektierte Russland 2014 die ukrainische Schwarzmeer-Halbinsel Krim.
Schützenpanzer für Rückeroberungen
Die Ukraine hat von westlichen Staaten wie Deutschland auch Kampf- und Schützenpanzer gefordert, die die Truppen bei Vorstößen und der Befreiung von Gebieten nutzen könnten und die für den Einsatz im direkten Gefecht gebaut sind. Schützenpanzer dienen dazu, Soldaten möglichst sicher ins Kampfgebiet zu transportieren und diese im Gefecht zu unterstützen. Bisher hat kein NATO-Land Kampfpanzer westlicher Bauart geliefert. Kanzler Olaf Scholz betonte wiederholt, dass es in dieser Frage keinen deutschen Alleingang geben werde.
Mit der völkerrechtswidrigen Annexion der besetzten Gebiete droht eine schwere Eskalation des Krieges in der Ukraine. Der Anschluss von Luhank, Donezk, Teilen Chersons oder Saporischschjas würde Moskau eine Rechtfertigung für weitere militärische Schritte geben - der Kreml könnte behaupten, er verteidige sein eigenes Staatsgebiet gegen die ukrainischen Streitkräfte. 2014 hatte Russland bereits die ukrainische Halbinsel Krim annektiert. Vorausgegangen war ein von Kiew und dem Westen kritisiertes Scheinreferendum.
Quelle: ntv.de, mau/dpa