"Solche Taten sind Verbrechen" Wadephul verurteilt Siedlergewalt und ermahnt Israel
01.08.2025, 16:50 Uhr Artikel anhören
Außenminister Wadephul (M.) in Taybeh.
(Foto: picture alliance / AA/photothek.de)
Bei seinem Besuch im Westjordanland spricht sich Außenminister Wadephul für die Perspektive eines palästinensischen Staates aus. Die Hamas dürfe dabei keinerlei Einfluss erhalten, betont der CDU-Politiker. Zugleich richtet er eine klare Warnung an die israelische Regierung.
Bundesaußenminister Johann Wadephul hat sich für einen palästinensischen Staat, aber gegen eine schnelle Anerkennung ausgesprochen. Die Bundesregierung verfolge eine Politik, die einem palästinensischen Staat eine Chance geben müsse und beteilige sich am Prozess der Staatsbildung, sagte der CDU-Politiker bei seinem Besuch im Westjordanland. Er sei aber gegen eine vorzeitige Anerkennung eines derartigen Staates. "Wir unterstützen das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat zum Ende eines politischen Prozesses."
Der Außenminister sagte, Deutschland sei nach einem Ende des Gaza-Kriegs bereit, den Wiederaufbauprozess aktiv zu unterstützen. Dafür sei eine Erneuerung der demokratischen Legitimation der palästinensischen Autonomiebehörde nötig. Sie dürfe aber auch nicht finanziell ausgetrocknet werden.
Wadephul forderte die israelische Regierung auf, zurückgehaltene Steuergelder, die den Palästinensern rechtmäßig zustünden, an die Behörde weiterzugeben. Die Hamas dürfe in einem künftigen palästinensischen Staat keine politische Rolle spielen.
"Wir sind ganz aktiv daran beteiligt, der Palästinensischen Autonomiebehörde zu helfen, selbstständig zu werden, sich zu reformieren, also auch in der Lage zu sein, dass Land am Ende zu administrieren", sagte Wadephul gegenüber RTL/ntv. "Ich glaube, wir liegen damit genau richtig. Es hat überhaupt keinen Zweck, hier einen formalen Anerkennungsprozess auszulösen, wo es gar keinen richtigen Staat gibt, sondern einfach aktiv was dafür zu tun, dass es einen Staat geben kann."
In der Vergangenheit hatte die Bundesregierung erklärt, die Anerkennung Palästinas könne am Ende des Prozesses einer Zwei-Staaten-Lösung zwischen Israel und den Palästinensern stehen. Zuletzt hatte die Regierung vor dem Hintergrund des bald zweijährigen Gaza-Kriegs diese Position aber aufgeweicht. Großbritannien, Frankreich und Kanada haben eine Anerkennung bereits in Aussicht gestellt.
Wadephul warnt Israel
Die israelische Regierung warnte Wadephul vor einer möglichen Einverleibung palästinensischer Gebiete und verurteilte zudem in scharfer Form die zunehmende Gewalt jüdischer Siedler gegen die palästinensische Bevölkerung. "Jegliche Annexionsfantasien, seien es für Gaza oder für das Westjordanland, die auch von Teilen der israelischen Regierung hervorgebracht werden, lehnen wir ebenso klar ab", betonte er. Solche Schritte würden von Deutschland nicht anerkannt werden.
Wadephul besuchte im Westjordanland die Ortschaft Taybeh, die in den vergangenen Monaten mehrfach überfallen worden war. Er sah sich dort unter anderem zwei ausgebrannte Autos an und sprach mit dem Bürgermeister und drei Geistlichen. "Wir sind hier von Siedlern umgeben. Wir können nicht in Stabilität und Sicherheit leben", klagte einer von ihnen. Dabei seien sie doch friedliche Menschen. Taybeh ist mehrheitlich von christlichen Palästinensern bewohnt.
"Ein schlechter Weg für Israel"
"Solche Taten sind Verbrechen, sie sind Terror und sie gehören endlich polizeilich verfolgt", sagte Wadephul zu den Überfällen. "Israel muss als Besatzungsmacht und als Rechtsstaat Sicherheit und Ordnung durchsetzen und Straftaten verfolgen", so der CDU-Politiker. "Es muss die palästinensische Bevölkerung vor diesen Straftätern schützen."
Die Bundesregierung setze sich auf europäischer Ebene für weitere Sanktionen gegen gewalttätige Siedler ein. Die Position der Bundesregierung sei eindeutig: "Die Politik des Siedlungsbaus ist völkerrechtswidrig." Das habe er am Vortag auch seinen Gesprächspartnern in Jerusalem gesagt. "Die illegalen Siedlungen sind ein Stein gewordenes Hindernis für die Zweistaatenlösung."
Über die Situation im Gazastreifen sagte Wadephul gegenüber RTL/ntv: "Wir haben ein ständiges Sterben und Leiden von Menschen da. Das muss Israel sehen. Meine Sorge ist, dass Israel immer mehr international in eine isolierte Situation kommt." Die USA würden eng an der Seite Israels stehen, aber viele andere Länder würden sich abwenden. "Und das ist ein schlechter Weg für Israel."
Quelle: ntv.de, jpe/rts/dpa