Kurden akzeptieren Pause Waffenruhe in Nordsyrien vereinbart
17.10.2019, 19:42 Uhr
Sollte Erdogan den Militäreinsatz ganz beenden, wollen die USA ihrerseits die Sanktionen gegen die Türkei aufheben.
(Foto: REUTERS)
Die Türkei und die USA einigen sich auf eine vorübergehende Waffenruhe in Nordsyrien. In den kommenden fünf Tagen sollen sich die Kurdenmilizen aus dem Gebiet zurückziehen können. Bei einer andauernden Waffenruhe wollen die USA ihre Sanktionen gegen die Türkei wieder aufheben.
Die USA haben im Nordsyrien-Konflikt überraschend eine Einigung mit der Türkei auf eine Waffenruhe verkündet. Die Türkei habe zugesagt, ihren Militäreinsatz gegen kurdische Milizen fünf Tage zu stoppen, sagte US-Vizepräsident Mike Pence in Ankara nach Gesprächen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Die kurdischen Kämpfer sind bereit, die Feuerpause zu akzeptieren. "Wir werden alles tun, damit die Waffenruhe ein Erfolg wird", sagte der Kommandant der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), Maslum Abdi, dem kurdischen Fernsehsender Ronahi TV.
Die Türkei will die Aussetzung der Kämpfe aber nicht als "Waffenruhe" verstanden wissen. Die Offensive werde nicht gestoppt, sondern "unterbrochen", sagte Außenminister Mevlüt Cavusoglu. Wenn die Kurdenmiliz YPG innerhalb von fünf Tagen aus der Grenzregion abgezogen sei, ihre schweren Waffen abgelegt und ihre Stellungen zerstört habe, werde die Offensive aber enden. Pence fügte hinzu, dass sich die Türkei und die USA zusätzlich dazu verpflichtet hätten, die Aktivitäten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Nordostsyrien zu bekämpfen. Dabei soll es auch um die Koordinierung von Maßnahmen zu Gefangenenlagern und zu Binnenflüchtlingen in vormals vom IS kontrollierten Gegenden gehen.
Keine weiteren US-Sanktionen
Eine hochkarätige US-Delegation unter Führung von Pence sowie Erdogan hatten das Abkommen in mehrstündigen Verhandlungen erzielt. "Großartige Nachrichten aus der Türkei. Millionen Leben werden gerettet", twitterte US-Präsident Trump. "Dieser Deal hätte vor drei Tagen niemals abgeschlossen werden können. Man brauchte ein wenig 'strenge' Liebe, um ihn durchzusetzen. Toll für alle. Stolz auf alle!"
Die Türkei hatte vor rund einer Woche einen Militäreinsatz gegen die kurdische YPG-Miliz in Nordsyrien begonnen. Die YPG kontrolliert dort ein großes Gebiet, die Türkei betrachtet sie jedoch als Terrororganisation. Für die USA waren die Kurdenkämpfer dagegen lange Zeit Verbündete im Kampf gegen den IS.
Der türkische Einsatz war international auf scharfe Kritik gestoßen, teilweise aber erst durch einen US-Truppenabzug aus dem Grenzgebiet ermöglicht worden. Bei einer dauerhaften Waffenruhe in Nordsyrien wollen die USA ihre Sanktionen gegen die Türkei wieder aufheben, sagte US-Vizepräsident Pence und betonte, vorerst würden keine weiteren Strafmaßnahmen gegen die Türkei verhängt.
Einigung kommt überraschend
Die USA hatten zu Wochenanfang wegen der Offensive Sanktionen gegen türkische Minister und Ministerien verhängt sowie die Anhebung von Strafzöllen auf Stahlimporte aus der Türkei und den Abbruch von Gesprächen über ein Handelsabkommen angekündigt. Zunächst hatten die Sanktionen aber keine Wirkung gezeigt. Die Einigung kam überraschend: Erdogan hatte noch kurz vor dem Besuch aus den USA betont, dass eine Waffenruhe nicht infrage komme, solange das Ziel nicht erreicht sei: Die Türkei will entlang der syrisch-türkischen Grenze eine sogenannte Sicherheitszone einrichten und alle Kurdenmilizen daraus vertreiben.
Die Zone war ebenfalls Gegenstand der Verhandlungen. Man habe sich dazu verpflichtet, "eine friedliche Lösung für die Zukunft der Sicherheitszone" zu schaffen, sagte Pence. In dieser Zone will die Türkei außerdem Millionen syrische Flüchtlinge ansiedeln, die derzeit noch in der Türkei leben. An diesem Plan scheint die Regierung auch nach dem Abkommen zum Abzug der Kurdenmilizen festzuhalten.
Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu, der nach Pence sprach, sagte: "Es geht auch darum, dass Menschen, die ihre Häuser in Syrien verlassen mussten, Menschen, die bei uns sind und die in Syrien verdrängt wurden, und Migranten in diese Regionen zurückkehren." Cavusoglu betonte auch, dass die Türkei die Kontrolle über die Zone haben werde. "Es wurde vollkommene Einigung erzielt, dass die Kontrolle dort von den türkischen Streitkräften übernommen wird."
Quelle: ntv.de, ftü/rts/dpa