Politik

"Worte passen zu seinen Taten" Warum Trump nun fürs Impfen wirbt

Bei seiner Kundgebung in Arizona erwähnte Trump weder seine eigenen Impfungen noch rief er zur Impfung auf. "Wir wollen unser Leben nicht mehr von Politikern und Washingtoner Bürokraten kontrollieren lassen", sagte er stattdessen.

Bei seiner Kundgebung in Arizona erwähnte Trump weder seine eigenen Impfungen noch rief er zur Impfung auf. "Wir wollen unser Leben nicht mehr von Politikern und Washingtoner Bürokraten kontrollieren lassen", sagte er stattdessen.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Impfskepsis und politische Nähe zu den Republikanern gehen in den USA Hand in Hand. Dennoch wirbt Ex-Präsident Trump mittlerweile für Corona-Impfungen. Er verwendet allerdings weiterhin auch die einschlägigen Parolen der Schwurbler.

Der Auftritt von Ex-Präsident Donald Trump am Wochenende in Arizona hat gezeigt, dass er mit den alten Themen Wahlkampf machen will, über die er teilweise schon seit Jahren spricht - die Mauer zu Mexiko, Kriminalität, die angebliche Schwäche der USA in der Welt und "die radikalen Demokraten", die das Land ruinierten. Im Zentrum seiner Rede standen daneben die Präsidentschaftswahlen von 2020, von denen er behauptet, er habe sie eigentlich gewonnen. "Ich habe zwei Mal kandidiert, und wir haben zwei Mal gewonnen, und wir haben beim zweiten Mal noch besser abgeschnitten", sagte er bei seiner ersten Großkundgebung im neuen Jahr.

Ein für ihn heikles Thema sparte Trump aus: Impfungen. Er nannte die Corona-Politik von US-Präsident Joe Biden eine "tyrannische" und eine "kriminelle Agenda", er sprach unter dem Applaus des Publikums vom "China-Virus" und forderte Entschädigungen von der Volksrepublik. Die Schuld für Bidens Corona-Politik lud er beim obersten Corona-Experten der US-Regierung ab, bei Anthony Fauci. Für Republikaner ist der Immunologe das zentrale Corona-Feindbild. Er selbst habe nie auf ihn gehört, sagte Trump und wiederholte eine alte Falschbehauptung, der zufolge Fauci zu Beginn der Pandemie gegen Beschränkungen von Reisen aus China gewesen sei. Biden nun habe Fauci zum "König" gemacht - worauf die Menge mit "Sperrt ihn ein!" antwortete, ein Slogan, der schon im Wahlkampf 2016 gegen Hillary Clinton zum Einsatz gekommen war.

Aber obwohl Trump die Schwurbler bediente und die einschlägigen Parolen in seine Rede einbaute, und obwohl er erklärte, die Biden-Regierung habe den Amerikanern ihre Würde und ihre Freiheit genommen - eines tat er nicht: Er sprach sich nicht gegen Impfungen aus.

Trump fährt zweigleisig

Denn ganz offenkundig hat er aus seiner Wahlniederlage von 2020 eines gelernt: Sein erratischer Corona-Kurs hat zu viele Wähler abgeschreckt. Trump trat damals auch bei diesem Thema als disruptiver Präsident auf, als einer, der den Status quo zerstören will. In ökonomischen Fragen hat das für ihn in den Augen seiner Anhänger funktioniert, jedoch nicht bei Corona. "Mit Blick auf die Pandemie wollen die Leute keine Disruption, sie wollen eine Lösung", erläuterte der US-Politologe Paul Sracic die Stimmung im Wahljahr. Die meisten Wähler, so Sracic, hätten ihn nicht als denjenigen gesehen, der das Corona-Problem lösen kann.

Trump fährt deshalb bereits seit einiger Zeit zweigleisig. Bei mehreren Auftritten hat er Corona-Impfungen empfohlen. Für die Aussage, er selbst sei bereits geboostert, wurde er im Dezember bei einer Veranstaltung in Texas ausgebuht. Laut NBC News ist dies eine neue Strategie, zu der Trump bereits seit längerem von Verbündeten und Beratern gedrängt wird. "Ich glaube, seine Taten zeigen schon die ganze Zeit, dass er ein großer Unterstützer von Impfstoffen ist", zitiert der Sender Paul Mango, der unter Trump an der "Operation Warp Speed" beteiligt war, mit der die Entwicklung von Corona-Impfstoffen unterstützt wurde. "Und jetzt passen seine Worte zu seinen Taten." NBC News geht davon aus, dass Trumps neue Art der Impf-Botschaft Teil seines Plans ist, 2024 erneut in den Präsidentschaftswahlkampf zu ziehen.

Bei seiner Kundgebung in Arizona erwähnte Trump weder seine eigenen Impfungen noch rief er zur Impfung auf. "Wir wollen unser Leben nicht mehr von Politikern und Washingtoner Bürokraten kontrollieren lassen", sagte er stattdessen. NBC News notierte dennoch, dass der Ex-Präsident mittlerweile "wie ein Jünger für Impfstoffe" klinge. Ausgerechnet seine härtesten Fans können damit gar nichts anfangen: Umfragen zeigen, dass Anhänger der Republikaner einen immer größer werdenden Anteil an den Ungeimpften ausmachen. 60 Prozent der Ungeimpften bezeichneten sich im Oktober 2021 als Republikaner. Im Dezember kam eine Analyse des Senders NPR zu dem Ergebnis, dass es für Menschen in Bezirken, die 2020 zu mindestens 60 Prozent an Trump gingen, drei Mal wahrscheinlicher war an Corona zu sterben, als für Menschen in Bezirken, in denen er nur auf 40 Prozent oder weniger gekommen war. Mehr als die Hälfte der US-Bundesstaaten hat eine niedrigere Impfquote als Sachsen - darunter fast alle Staaten, in denen Trump 2020 die Mehrheit hatte.

Für Trumps Verhältnisse bemerkenswert

Trumps Berater sind dennoch überzeugt, berichtet NBC News, dass seine Anhänger so loyal sind, dass sie auch dann zu ihm halten, wenn er sich für Impfungen einsetzt - zumindest, solange er diese nicht offensiv fordert. Trump lobte denn auch ausführlich die Entscheidung des Obersten Gerichts der USA, das eine Impfpflicht für die Beschäftigten großer Unternehmen gestoppt hatte.

Biden wollte Angestellte von Unternehmen mit mindestens 100 Beschäftigten verpflichten, sich entweder impfen zu lassen oder eine Maske zu tragen und sich einmal pro Woche testen zu lassen. Die Entscheidung des Gerichts fiel mit einer Mehrheit von sechs zu drei Stimmen - die drei Gegenstimmen kamen von den zwei Richterinnen, die von US-Präsident Barack Obama ernannt wurden, und einem Richter, den US-Präsident Bill Clinton ins Amt brachte. Die anderen sechs Richter gehören dem konservativen Lager an, allein drei von ihnen hat Trump berufen - auch dafür ließ er sich in Arizona feiern.

Doch dass Trump bei Veranstaltungen wie der in Arizona nicht gegen Impfungen hetzt, ist für seine Verhältnisse schon bemerkenswert. In einer Debatte der damaligen republikanischen Präsidentschaftskandidaten hatte er 2015 noch behauptet, Impfungen würden Autismus verursachen (was falsch ist).

Ganz ohne Corona-Lügen kam Trump bei seinem Auftritt allerdings nicht aus. Weiße würden bei der Zuteilung von "lebensrettenden Behandlungen" und Impfstoffen gegenüber anderen Gruppen diskriminiert. Er bezog sich offenbar auf Richtlinien des Staates New York, nach denen es als Risikofaktor zählt, nicht weiß zu sein. Das bedeutet allerdings nicht, dass es für Weiße in New York schwieriger wäre, an eine Impfung zu kommen - im Gegenteil. Und er sagte noch etwas in seiner Rede: Die Republikaner würden sich das Weiße Haus 2024 "zurückholen". Ob er dann selbst wieder dort einziehen will, sagte er nicht.

Quelle: ntv.de

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