Politik

460.000 Soldaten bis 2035Was das neue Wehrdienstgesetz bedeutet

05.12.2025, 15:05 Uhr
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Soldaten während der Veranstaltung zum 70. Gründungstag der Bundeswehr (Foto: picture alliance/dpa)

Spätestens der russische Überfall auf die Ukraine hat gezeigt: Für den Fall der Fälle ist die Bundeswehr auch personell miserabel ausgestattet. Nun geht der Bundestag das Problem an.

Der Bundestag hat das umstrittene neue Wehrdienstgesetz beschlossen. Das Gesetz setzt auf einen zweigleisigen Ansatz: Ein vor allem finanziell attraktiver freiwilliger Wehrdienst soll ausreichend junge Menschen anziehen. Sollten sich dennoch nicht genug melden, kann der Bundestag per Gesetz eine Bedarfswehrpflicht aktivieren. Das Verteidigungsministerium muss alle sechs Monate über die Zahlen berichten.

Aufwuchs und Ziele der Streitkräfte

Ziel des Gesetzes ist die Erfüllung der Nato-Ziele und der Ausbau der Stärke der Bundeswehr. Bis zum Jahr 2035 soll sie auf eine Gesamtstärke von 460.000 Soldaten anwachsen. Dieses Ziel setzt sich aus bis zu 260.000 aktiven Soldaten sowie mindestens 200.000 einplanbaren Reservisten zusammen. Ein Aufwuchspfad legt die jährlichen Zielkorridore fest. Das Verteidigungsministerium muss dem Bundestag ab Januar 2027 halbjährlich über die Personalentwicklung berichten. Der Bericht muss nach Statusgruppen und Verpflichtungszeiten aufgeschlüsselt sein.

Erfassung und Musterung

Mit dem Gesetz wird die Wehrerfassung wieder eingeführt. Für alle Männer, die ab dem 1. Januar 2008 geboren wurden, wird die Musterung zur Pflicht. Diese wird jedoch nicht für alle Jahrgänge gleichzeitig eingeführt, sondern schrittweise, entsprechend dem Aufbau der Kapazitäten für die Musterung. Auf Basis der Erfassung und der Musterungsergebnisse kann die Bundeswehr im Spannungs- oder Verteidigungsfall auf einen Pool potenzieller Rekruten zurückgreifen.

Details zur Erfassung

Alle 18-jährigen Männer und Frauen erhalten künftig eine Aufforderung zur Abgabe einer "Bereitschaftserklärung". Für Männer ist die Beantwortung verpflichtend. Zusammen mit der Aufforderung liefert die Bundeswehr nicht nur Informationen über Laufbahnen in den Streitkräften, sondern auch über die zivilen Freiwilligendienste.

Freiwilliger Wehrdienst

Um junge Menschen für den Dienst zu gewinnen, soll der freiwillige Wehrdienst attraktiver gestaltet werden. Er kann künftig mit einer Dauer von sechs bis elf Monaten geleistet werden, wobei die ersten sechs Monate als Probezeit gelten. Die Vergütung wird auf einen Wehrsoldgrundbetrag von mindestens 2600 Euro brutto für die niedrigsten Dienstgrade (z.B. Jäger, Schützen) angehoben und steigt mit dem Dienstgrad. Wer sich für mindestens ein Jahr als Soldat auf Zeit verpflichtet, kann zudem einen Zuschuss für den erstmaligen Erwerb einer Fahrerlaubnis beantragen. Dieser beträgt bis zu 3500 Euro für die Klasse B (Pkw) und bis zu 5000 Euro für die Klassen C oder C1 (Lkw). Diese Regelung gilt für alle, die ihren Dienst ab Januar 2026 antreten.

Bedarfswehrpflicht

Sollte die Zahl der Freiwilligen nicht ausreichen, kann eine Bedarfswehrpflicht greifen. Ein Automatismus ist dabei ausgeschlossen. Die Aktivierung erfolgt nicht mehr durch Rechtsverordnung, sondern bedarf eines Gesetzesbeschlusses des Bundestages. Ein solcher Beschluss kann gefasst werden, wenn die verteidigungspolitische Lage oder die Personallage der Truppe dies erfordern. Übersteigt die Zahl der potenziell Wehrpflichtigen den Bedarf, kann ein Zufallsverfahren zum Zug kommen. Wie dies genau aussieht, soll in einem weiteren Gesetz geregelt werden.

Zivile Freiwilligendienste

Parallel zur Stärkung der Bundeswehr sollen auch die zivilen Freiwilligendienste ausgebaut werden. Dafür werden im kommenden Jahr 50 Millionen Euro zusätzlich bereitgestellt, ab 2027 dann 80 Millionen Euro jährlich. Damit sollen über 15.000 neue Plätze geschaffen werden, etwa in Kitas, Schulen, Pflegeeinrichtungen sowie im Klima- und Katastrophenschutz. Ziel ist es, dass sich jährlich mehr als 100.000 junge Menschen in einem Freiwilligendienst engagieren. Mit dem zusätzlichen Geld sollen etwa soziale oder andere gemeinnützige Organisationen die Freiwilligen auch besser bezahlen können.

Quelle: ntv.de, ghö/rts

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