Die SMS der Kanzlerin Was wird eigentlich aus Merkels Handy?
08.11.2021, 18:29 Uhr
Merkels Kommunikation wird, sofern für die inhaltliche Bearbeitung eines Verwaltungsvorgangs relevant, ordnungsgemäß veraktet. Was das heißt, ist allerdings unklar.
(Foto: picture alliance/dpa)
Auf dem Mobiltelefon der Kanzlerin befinden sich ziemlich sensible Daten. Allerdings ist die Frage nicht geklärt, was eigentlich mit dem Gerät und den Inhalten nach Ende ihrer Amtszeit passiert.
Im politischen Berlin ist es ein offenes Geheimnis, dass das Mobiltelefon von Bundeskanzlerin Angela Merkel ein elementarer Bestandteil ihrer Regierungsgeschäfte war und ist. Etwas überspitzt formuliert könnte man sagen: Die Kanzlerin hat die letzten Jahre auch per SMS regiert.
Das ist in der heutigen Zeit auch gar nicht so ungewöhnlich. Doch es birgt auch Gefahren, gerade weil Merkel mit einem unverschlüsselten Smartphone kommuniziert. Und 2013 kam sogar heraus, dass der US-Geheimdienst NSA das Handy der Kanzlerin bespitzelt hatte.
Nun endet die Amtszeit von Angela Merkel. In wenigen Wochen ist sie nicht mehr Bundeskanzlerin, sondern eine (fast) normale Bürgerin. Aber was wird dann aus ihrem Handy? Auf dem Gerät befinden sich immerhin SMS, E-Mails und Korrespondenzen von Regierungschefs mit teils sensiblen Inhalten. Darf die Kanzlerin solche Datenschätze einfach mit nach Hause nehmen?
Richtlinie aus dem Jahr 2001
Aus dem Bundeskanzleramt kommt zu dieser wichtigen Frage eine etwas schwammige Antwort in schönem Behördendeutsch. Ein Sprecher sagte ntv, dass im Kanzleramt Informationen, "sofern sie für die inhaltliche Bearbeitung eines Verwaltungsvorgangs relevant" seien, in "geeigneter Form entsprechend der Registraturrichtlinie veraktet" würden. Dies finde unabhängig davon statt, "ob die Bundeskanzlerin telefoniert, persönlich mit jemanden spricht oder per SMS kommuniziert".
Aber was heißt das genau? Auf der Internetseite des Bundesinnenministeriums gibt es zumindest eine Erklärung für die "Registraturrichtlinie". Um es kurz zu fassen: Es handelt sich dabei um eine Richtlinie für alle Bundesministerien für die Veraktung von digitalen Vorgängen - die Richtlinie ist übrigens laut BMI seit dem 11. Juli 2001 nicht mehr aktualisiert worden.
Aber das eigentliche Problem: Diese "Registraturrichtlinie" funktioniert bei Handys von Politikerinnen und Politikern ganz offensichtlich nicht. Das zeigen vergangene Fälle wie die von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) oder der ehemaligen Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sowohl beim Maut-Untersuchungsausschuss als auch beim Untersuchungsausschuss zur sogenannten Berateraffäre waren wichtige Handydaten des Ministers und der Ministerin auf einmal unwiederbringlich gelöscht worden.
"Gewisse Vernebelungsstrategie"
Der Grünen-Politiker und Digitalexperte Konstantin von Notz bewertet die Antwort aus dem Bundeskanzleramt so: "Ich glaube, man sieht an dieser Antwort eine gewisse Vernebelungsstrategie und den Umstand, dass es eben keine klare Regelung gibt." Das sei ein Problem, auf das die (Noch-)Opposition schon lange hingewiesen habe.
Vor allem sei es aber problematisch, dass hier Privates und Berufliches fast nicht mehr zu trennen seien. Deswegen sagt von Notz: "Regierungsmitglieder werden nicht darum herum kommen, zwei Handys zu haben. Eins für private Kommunikation und eins für amtliche Kommunikation. Das kann man auch klar rechtlich regeln."
Zudem brauche es bei relevanten Entscheidungen für das Land transparente und klare Abläufe: "Das geht nur, wenn solche Dinge festgehalten, verschriftlicht werden, gespeichert werden." Ohnehin habe Deutschland "im Bereich der IT-Sicherheit manifeste und krasse Probleme", sagt der Grünen-Politiker.
Mit Blick auf Merkels Handy fordert von Notz deswegen: "Die relevanten Daten, die nicht privater Natur sind, die müssen hier bleiben, müssen zugänglich bleiben, veraktet werden und das kann nicht nach freiem Gusto passieren."
Quelle: ntv.de