Politik

Selenskyj spricht von Völkermord "Welches Land hat Angst vor Krankenhäusern?"

277889995.jpg

Ukrainische Rettungskräfte gehen an dem Gebäude vorbei, das mal eine Geburtsklinik war.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Bei einem Luftangriff wird eine Geburtsklinik in Mariupol in Schutt und Asche gelegt. Der ukrainische Präsident Selenskyj spricht von Völkermord. Ein Kremlsprecher streitet ab, dass russische Truppen zivile Ziele angreifen. International ist die Reaktion einhellig: "Der Angriff ist entsetzlich."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj betrachtet den Angriff auf ein Kinderkrankenhaus in Mariupol als Völkermord. Die Bombardierung sei "ein Beweis dafür, dass ein Völkermord an den Ukrainern stattfindet", sagte er in der Nacht in einer Fernsehansprache. "Was ist das für ein Land, die Russische Föderation, das Angst vor Krankenhäusern hat, Angst vor Entbindungskliniken hat und sie zerstört?"

Nach Angaben der ukrainischen Regierung haben russische Truppen am Mittwoch eine Geburtsklinik in der belagerten Hafenstadt bombardiert. Selenskyj veröffentlichte auf Twitter ein Video, das völlig verwüstete Räume zeigt. 17 Schwangere und Mitarbeiter seien verletzt worden, heißt es.

277946239.jpg

Ein angebliches Mitglied des "nationalistischen Bataillons" verlässt die Geburtsklinik in Mariupol.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Der Sprecher des Moskauer Kremls, Dmitri Peskow, stritt den Angriff ab. "Die russischen Streitkräfte schießen nicht auf zivile Ziele", erklärte er auf Nachfrage. Eine Sprecherin des Außenministeriums in Moskau gab dagegen zu, dass ein Angriff stattgefunden habe. Ihrer Darstellung nach hätten allerdings "nationalistische Bataillone" der Ukraine Personal und Patienten vorher aus dem Gebäude gebracht, um es als Gefechtsstellung zu benutzen. Weder die ukrainischen noch die russischen Angaben lassen sich überprüfen.

"Sinnlose Gewalt muss aufhören"

Die internationale Gemeinschaft hält die ukrainische Darstellung für die korrekte. "Der heutige Angriff auf ein Krankenhaus in Mariupol, wo sich Entbindungs- und Kinderstationen befinden, ist entsetzlich", schrieb UN-Generalsekretär António Guterres auf Twitter. Zivilisten zahlten den höchsten Preis für einen Krieg, der nichts mit ihnen zu tun habe. "Diese sinnlose Gewalt muss aufhören."

Auch die britische Regierung verurteilte den Angriff. "Es gibt wenige Dinge, die verkommener sind, als die Verletzlichen und Hilflosen ins Visier zu nehmen", erklärte Premierminister Boris Johnson in einem Tweet. Seine Außenministerin Liz Truss sprach bei einer Pressekonferenz von einem "abscheulichen, skrupellosen und entsetzlichen" Angriff. Die Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, sagte in Washington, es sei "entsetzlich, einen solch barbarischen Einsatz militärischer Gewalt gegen unschuldige Zivilisten in einem souveränen Land zu sehen".

In der Ukraine sagte der Boxer Wladimir Klitschko, der seinen als Bürgermeister in Kiew tätigen Bruder Vitali Klitschko unterstützt, mit Blick auf die Lage in Mariupol: "Ihr müsst Putins Krieg stoppen!" Russische Truppen töteten Kinder, Eltern und Großeltern. "Mein Herz blutet", sagte er in einer bei Instagram veröffentlichten Videobotschaft. "Kinder anzugreifen bedeutet, das Leben anzugreifen, die Zivilisation selbst."

Symbolisch und strategisch wichtig

Mehr zum Thema

Mariupol ist in dem Konflikt von großer strategischer und symbolischer Bedeutung: Es ist die letzte große Hafenstadt am Asowschen Meer unter ukrainischer Kontrolle und ein wichtiger Industriestandort. Mariupol liegt etwa 55 Kilometer von der russischen Grenze und 85 Kilometer von der selbsternannten "Volksrepublik" Donezk entfernt.

2014 hatten pro-russische Separatisten die Hafenstadt kurzzeitig besetzt, bevor diese von der ukrainischen Armee zurückerobert wurde. Sollte Mariupol nun fallen, würde dies den Zusammenschluss der russischen Truppen mit Einheiten aus der Krim und dem Separatistengebiet im Donbass ermöglichen. Durch die Kämpfe sind dort seit Tagen rund 300.000 Zivilisten eingeschlossen.

Quelle: ntv.de, chr/dpa/rts/AFP

ntv.de Dienste
Software
Social Networks
Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen