Der Kopf hinter der angeblichen "Sabotage-Aktion" ukrainischer Kämpfer in einem russischen Dorf ist schnell identifiziert: Denis Kapustin. Der Russe hat eine deutsche Vergangenheit und kämpft nach eigenen Angaben gegen Putin. Die Ukraine distanziert sich von dem Rechtsextremen.
Im Zusammenhang mit der angeblichen "Sabotage-Aktion" ukrainischer Kämpfer in einem russischen Dorf nahe der Grenze tritt dieser Mann in Erscheinung: Denis Kapustin. Er scheint die Führungsfigur der Gruppe zu sein, die am Donnerstag klammheimlich russisches Staatsgebiet betritt. In einem Video wendet er sich an die russische Bevölkerung und fordert diese zum Kampf gegen den Kreml auf. Wer ist der Mann?
Denis Kapustin wurde in Moskau geboren. Im Jahr 2001 siedelt seine Familie nach Deutschland über, angeblich als jüdische Kontingentflüchtlinge. Er wächst in Köln auf, weshalb er auch Deutsch spricht. Nach Recherchen des "ZDF" stieg er in den 2010er Jahren zu einer der führenden Figuren in der europäischen Neonazi-Szene auf. Bereits 2008 gründete er demnach das Modelabel "White Rex", das bei Hooligans und Neonazis sehr beliebt ist. "White Rex" verwendet Kapustin auch als Spitznamen für sich selbst. Er nennt sich selbst allerdings auch kurz "Nikitin". Er besuchte Veranstaltungen, wie etwa ein Rechtsrockkonzert im thüringischen Themar, und veranstaltete zahlreiche Kampfsportveranstaltungen, wie etwa den "Kampf der Nibelungen", der seit 2019 von deutschen Behörden immer wieder verhindert werden konnte.
Im Jahr 2019 wies Deutschland Kapustin aufgrund seiner Aktivitäten aus. Nach Recherchen des "Spiegel" soll er aber bereits seit 2018 in der Ukraine leben. Er soll seither angeblich den Schengen-Raum für eine Zeit von zehn Jahren nicht betreten dürfen. Unbestätigten Behauptungen auf Twitter zufolge wird in Russland nach ihm gefahndet. Er soll aber auch in der Ukraine juristische Schwierigkeiten haben, da er sich dort im Drogenhandel betätigt haben soll. Auch das ist nicht bestätigt. Im August 2022, also rund sechs Monate nach Beginn der russischen Invasion der Ukraine, soll er das Russische Freiwilligenkorps gegründet haben, um fortan gegen die russischen Invasoren zu kämpfen. Über die Zahl der Kämpfer gibt es keine konkreten Angaben, sie schwanken zwischen einem Dutzend und 50. Einige der Kämpfer sollen bereits seit geraumer Zeit in der Ukraine leben. Bisher gibt es keine Erkenntnisse über Beteiligungen an Kampfhandlungen, die von Russland behauptete Sabotage-Aktion in dem russischen Dorf Ljubentschane ist das erste größere mediale Auftreten Kapustins.
Gressel: Gruppe brauchte "PR-Coup"
Militärexperte Gustav Gressel bezeichnet die Kämpfer im Interview mit dem ZDF "heute"-Journal als "Do-It-Yourself-Soldaten", die von organisierter Kriminalität und Spenden leben und spektakuläre Aktionen brauchen, um mehr Spendengeld zu einzusammeln. Das Überschreiten der russischen Grenze wäre ein solcher "PR-Coup", so Gressel.
Kapustin ist ein führender europäischer Rechtsextremer, der den liberalen westlichen Staatstyp ablehnen soll, schreibt das "ZDF" in einer Analyse. Er unterscheidet sich von den auch in Russland zahlreich vorhandenen Rechtsextremisten, soll ihnen im Donbass im Kampf sogar gegenübergestanden haben. Er sei beseelt von der Idee der Weißen Vorherrschaft (White Supremacy) und erhebe sich auch über nicht-weiße Ethnien innerhalb Russlands. Kapustin soll etwa gesagt haben: "In meiner Heimat versuchen sie alles zu vermischen und es eine politische Nation von Russen zu nennen." Auch die LGBTQ-Community und Linke gehören laut "ZDF" zu seinen Feindbildern.
Will Kapustin den Zaren zurück?
Obwohl sich einige Überzeugungen Kapustins mit denen zahlreicher russischer Politiker, auch denen Putins, mindestens überschneiden, lehnt er laut "Spiegel" den Kreml-Chef und seine Getreuen ab. Der kanadische Experte für Rechtsextremismus, Michael Colborne, erklärte, dass Kapustin zwar gegen Putin sei, aber nur, weil er ihn durch jemand noch schlimmeren ersetzen wolle. Auf Twitter gibt es Behauptungen, Kapustin schwebe ein Russland wie zu Zeiten des Zaren vor, er wolle demnach dessen Blutlinie wieder aufleben lassen. Dafür müsse aber das Putin-Regime fallen, weshalb er es bekämpfe und wie in dem Videoclip geschehen, das russische Volk aufruft, es ihm gleichzutun.
Die Ukraine bekennt sich nicht zu ihm und seinem Russischen Freiwilligenkorps. Die Kämpfer sind nicht Bestandteil der ukrainischen Territorialverteidigung. Kapustin selbst behauptete zwar in einem Interview mit einem Szeneportal einst, er habe sich vom ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj die Erlaubnis holen müssen, um an der Seite der ukrainischen Truppen kämpfen zu können. Belegt ist diese Behauptung allerdings nicht. Es ist dennoch gut möglich, dass die ukrainische Militärführung sein Treiben zumindest duldet, weil es Putin und seinem Angriffskrieg schadet. Offiziell hat Kiew eine Beteiligung an der angeblichen Sabotage-Aktion zurückgewiesen. Präsidentenberater Mychajlo Podoljak behauptete, dass es sich dabei um eine Provokation Russlands handle.
Quelle: ntv.de