RTL/ntv-Umfrage zur Stimmung Wie geht es den Deutschen?
02.10.2023, 06:19 Uhr Artikel anhören
RTL und ntv haben das Ohr an die Brust der Bundesbürger gelegt. Und wie so oft - es ist kompliziert. Die Stimmung hat sich verschlechtert. Die Lebensqualität für die meisten nicht. Die Zukunft sehen sie eher trübe und zum Ärgern gibt es genügend Gründe. Dennoch lebt die Mehrheit gern hier.
Die Stimmung der Deutschen hat sich in den vergangenen Jahren verschlechtert. In einer Forsa-Erhebung für ntv und RTL meinten zwei von drei Befragten (64 Prozent), dass sie dies in ihrem Umfeld registriert hätten. Gut jeder Vierte konnte demnach keinen Stimmungswandel feststellen. Trotz der im Umfeld wahrgenommenen Stimmungsverschlechterung bewerteten fast zwei Drittel (63 Prozent) der Befragten ihre persönliche Lebensqualität als mindestens unverändert. Zugleich aber blickt eine Mehrheit mit Sorge auf den ihrer Meinung nach zu erwartenden Lebensstandard der Jüngeren.
Besonders stark trübte sich die Stimmung demnach im Osten. Hier berichteten 70 Prozent von weniger Zuversicht. Zudem gaben vor allem Anhänger von FDP (85 Prozent), AfD (84 Prozent) und Union (60 Prozent) an, dass sich die Stimmung in ihrem Umfeld - also bei Familienmitgliedern, Freunden oder Arbeitskollegen - in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert habe. In diesen Zeitraum fallen etwa der Krieg in der Ukraine, mehr aber noch die Corona-Pandemie. Gerade Anhänger der Rechtspopulisten und Liberalen kritisierten viele der staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie massiv. Überdurchschnittlich oft sagten derweil SPD- und Grünen-Anhänger, dass sich die Gemütslage in ihrem Umfeld verbessert habe. Parteiübergreifend sagten dies insgesamt acht Prozent aller Befragten.
Sie werden es mal besser haben? Eher nicht.
Trotz der Stimmungseintrübung gab aber nur ein gutes Drittel (36 Prozent) an, dass sich ihre individuelle Lebensqualität in den vergangenen fünf Jahren verschlechtert habe. Für 40 Prozent hat sich nach eigener Einschätzung nichts verändert, 23 Prozent berichteten sogar von einer Verbesserung. Auch hier gaben vor allem die Befragten im Osten (42 Prozent) an, dass sich ihre Situation seit 2018 verschlechtert habe. Dem stimmten auch zwei Drittel (65 Prozent) der AfD-Anhänger zu.
Wenig überraschend konstatierte mehr als die Hälfte (51 Prozent) derer, deren Haushaltsnettoeinkommen weniger als 2500 Euro monatlich beträgt, dass sich ihre Lebensqualität verschlechtert habe. In der nächsthöheren Einkommensspanne bis 4000 sagten dies noch 39 Prozent. Von denen, die monatlich über mindestens 4000 Euro netto verfügen, gaben drei von vier Befragten an, dass ihre Lebensqualität zumindest unverändert sei im Vergleich zur Lage vor fünf Jahren. Hier dürfte sicherlich eine Rolle spielen, in welchem Maße die Befragten die hohe Inflation und damit die gestiegenen Lebenshaltungskosten bewältigen können.
Deutlich pessimistischer blicken die Deutschen derweil auf den Lebensstandard, den die Jüngeren in ihren Augen erwarten können. Sieben von zehn Befragten (71 Prozent) gehen davon aus, dass die Jüngeren später einmal einen schlechteren Lebensstandard haben werden. Nur gut ein Fünftel nimmt an, dass es hierbei keine großen Veränderungen geben wird, nur jeder Zwanzigste (5 Prozent) glaubt an eine Verbesserung. Bemerkenswert ist, dass in der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen noch der größte Optimismus in dieser Frage herrscht: 46 Prozent gehen davon aus, dass der Lebensstandard der jüngeren Generation - und damit mutmaßlich ihr eigener - nicht schlechter sein wird, als der der meisten Menschen im Land. In den folgenden Altersgruppen gehen jeweils gut drei von vier Befragten (73 bis 76 Prozent) davon aus, dass die nachfolgenden Generationen nicht den gleichen Lebensstandard wie sie haben werden.
Jüngere ärgern sich zumeist über die Bahn
Über die konkreten Gründe für die Umfrageergebnisse geben derweil die Antworten auf die Fragen nach der Verfügbarkeit von Arztterminen, die Zufriedenheit mit dem ÖPNV und Angaben zu einzelnen Ärgernissen zumindest Hinweise. So meinen 40 Prozent, sich in den vergangenen Monaten über die Bahn oder andere öffentliche Verkehrsmittel geärgert zu haben. Für 30 Prozent waren Kontakte mit Ämtern oder Behörden unerquicklich. Jeder Vierte (25 Prozent) kam unzufrieden von einem Arztbesuch. Hier gaben zudem 49 Prozent an, jüngst länger auf einen Termin gewartet zu haben, während sich für 46 Prozent in dieser Frage nichts geändert hat.
Immerhin noch 14 Prozent ärgerten sich nach eigenem Bekunden über Kita oder Schule. Größter Unterschied hierbei zwischen Ost und West ist das Thema ÖPNV: Während sich im Westen 42 Prozent über Bus und Bahn ärgerten, traf dies im Osten lediglich auf 23 Prozent zu. Daneben zeigten sich Frauen deutlich öfter verärgert von Arzt-Kontakten (31 Prozent) als Männer (18 Prozent).
Getrennt nach Altersgruppen ist das Thema Bahn für 69 Prozent der 18- bis 29-Jährigen ein Ärgernis. Zudem gab mehr als ein Drittel (36 Prozent) von ihnen an, sich über Ärzte in den vergangenen Monaten geärgert zu haben. Bemerkenswerten Gleichmut oder Resilienz bewiesen derweil 45- bis 59-Jährige und die über 60-Jährigen. Von ihnen sagten 30 und 41 Prozent, dass sie sich in den vergangenen Monaten weder über die Bahn, noch über Behörden oder Ärzte und auch nicht über Schulen, die Polizei und Apotheken geärgert hätten.
Am Ende sagt trotz aller Stimmungseintrübung und persönlicher Ärgernisse im Alltag eine Mehrheit von 78 Prozent, dass sie gern in Deutschland lebt. Nur jeder Fünfte (19 Prozent) würde ein anderes Land vorziehen - im Osten hätte jeder Vierte (25 Prozent) lieber außerhalb der Landesgrenzen seinen Wohnsitz. Am höchsten ist die Unzufriedenheit übrigens bei den AfD-Parteigängern. Nur knapp die Hälfte (49 Prozent) lebt gern in Deutschland - und beinahe ebenso viele (46 Prozent) würden das Land lieber verlassen.
Für die Erhebung hat Forsa am 25. und 26. September 1003 Bundesbürger befragt. Die Fehlertoleranz liegt bei drei Punkten in beide Richtungen.
Quelle: ntv.de, jwu