Bundesanwaltschaft schreitet ein Wieder Russe wegen Spionage verhaftet
21.06.2021, 13:18 Uhr
Die Bundesanwaltschaft verhaftete den russischen Wissenschaftler. (Archivbild)
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Wieder wird in Deutschland ein Russe festgenommen, der für sein Heimatland spioniert haben soll. Der Naturwissenschaftler soll Informationen aus seiner Tätigkeit an einer deutschen Universität an den russischen Geheimdienst weitergegeben haben. Es ist der nächste Fall einer langen Reihe.
Die Bundesanwaltschaft hat einen russischen Staatsbürger wegen mutmaßlicher Spionage festnehmen lassen. Zudem seien die Wohn- und Diensträume des verdächtigen Ilnur N. durchsucht worden, teilte die Karlsruher Ermittlungsbehörde mit. Der am Freitag festgenommene Mann sei dringend tatverdächtig, "spätestens seit Anfang Oktober 2020 für einen russischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein", erklärte die Bundesanwaltschaft.
Der Haftbefehl sei angeordnet, der Verdächtige befinde sich in Untersuchungshaft. Bisherigen Erkenntnissen zufolge arbeitete Ilnur N. als wissenschaftlicher Mitarbeiter für einen naturwissenschaftlich-technischen Lehrstuhl an einer deutschen Universität. Zwischen Oktober 2020 und Juni 2021 habe er sich mindestens dreimal mit einem Angehörigen eines russischen Auslandsgeheimdienstes getroffen. Bei zwei dieser Treffen habe er Informationen aus seiner Tätigkeit bei der Universität weitergegeben. Im Gegenzug habe er Bargeld erhalten. Weitere Angaben wurden bisher nicht gemacht.
Russische Spione fliegen regelmäßig in Deutschland und anderen Ländern auf. Erst im Mai wurde ein Mann verhaftet, der deutsche Maschinen an eine russische Firma verkauft haben soll, die laut Zollkriminalamt vom Geheimdienst gesteuert wird. Letztlich seien die Apparate bei Rüstungsunternehmen gelandet, was aber genehmigungspflichtig gewesen wäre. Das wahre Ziel der Maschinen sollte demnach verschleiert werden.
Besonderes Aufsehen erregte eine große Hackerattacke auf den Bundestag im Jahr 2015. Computer in zahlreichen Abgeordnetenbüros waren mit Spionagesoftware infiziert worden, darunter auch Rechner im Bundestagsbüro von Kanzlerin Angela Merkel. Der Angriff hatte zur Folge, dass das IT-System des Parlaments anschließend generalüberholt werden musste. Zudem wurde auch eine beträchtliche Menge an Daten gestohlen. Sanktionen auf EU-Ebene waren die Folge.
Mord im Kleinen Tiergarten, Fälle im EU-Ausland
Für besondere Verstimmungen im deutsch-russischen Verhältnis sorgte auch ein Mord im Kleinen Tiergarten in Berlin. Am 23. August 2019 wurde in der Parkanlage am helllichten Tag ein 40-jähriger Georgier tschetschenischer Abstammung mit einer Schalldämpfer-Pistole erschossen. Nach Ansicht der Bundesanwaltschaft war es ein Mord im Auftrag staatlicher russischer Stellen. Das Opfer hatte im Tschetschenien-Krieg gegen Russland gekämpft und galt dort laut Anklage als Staatsfeind. Der Fall hatte die deutsch-russischen Beziehungen schwer belastet und international für Aufsehen gesorgt.
Auch im europäischen Ausland gibt es immer wieder Klagen über russische Geheimdienstoperationen. Im Frühjahr brach ein Streit zwischen Tschechien und Russland offen aus - Prag wirft russischen Spionen vor, für Explosionen in einem Munitionslager im Jahr 2014 verantwortlich zu sein, was Moskau zurückweist. In der Folge wies das deutsche Nachbarland Dutzende Diplomaten aus. Mehrere baltische Staaten folgten dem Beispiel aus Solidarität. Auch Italien wies zu Beginn des Jahres mehrere russische Diplomaten wegen Spionagevorwürfen aus. In Dänemark wurde ein Russe zu drei Jahren Haft verurteilt, weil er Informationen über die Technische Universität (DTU) und ein Technologieunternehmen gesammelt haben soll.
Die USA betreiben ebenfalls Spionage in Deutschland. Zuletzt wurde bekannt, dass der Geheimdienst NSA mithilfe Dänemarks Lauschangriffe auf Kanzlerin Angela Merkel, aber auch andere europäische Spitzenpolitiker gestartet hatte. Merkel sagte in dem Zusammenhang, ihre Haltung zur NSA-Affäre habe sich nicht geändert. Sie spielte damit auf ihre frühere Aussage an: "Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht."
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/AFP