Schäuble zu etwaigem Brexit "Wir bereiten uns auf alle Szenarien vor"
10.06.2016, 13:40 Uhr
"In is in, out is out."
(Foto: picture alliance / dpa)
Wolfgang Schäuble ist erklärtermaßen kein Freund eines britischen EU-Ausstiegs. Dennoch ist er sich sicher, dass "Europa zur Not auch ohne Großbritannien funktionieren" wird.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble befürchtet im Falle eines Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union negative wirtschaftliche und politische Folgen für das Land und die EU. Die Briten könnten unter den ökonomischen Konsequenzen eines Brexit leiden, da Großbritannien wirtschaftlich eng mit den Partnerstaaten verflochten sei, sagte der CDU-Politiker dem "Spiegel".
"Da wäre es doch ein Wunder, wenn ein Ausscheiden Großbritanniens ohne ökonomische Nachteile bliebe." Schäuble schloss zudem aus, dass das Vereinigte Königreich nach einem Ausscheiden weiter die Vorzüge des europäischen Binnenmarkts genießen könne. "Dazu müsste sich das Land an die Regeln eines Klubs halten, aus dem es gerade austreten will", sagte Schäuble. Ein Brexit sei eine Entscheidung gegen den Binnenmarkt. "In is in, out is out", stellte der Minister klar.
Auch an den anderen europäischen Ländern dürfte ein EU-Austritt der Briten nach Einschätzung des Bundesfinanzministers nicht ohne Auswirkungen vorübergehen. "Aber meine Amtskollegen in der Eurozone und ich werden alles tun, um diese Folgen zu begrenzen", sagte Schäuble. "Wir bereiten uns auf alle möglichen Szenarien vor, um die Gefahren einzudämmen."
Keine Furcht um Bestand der EU
Der als überzeugter Europäer geltende Schäuble hält im Falle eines Brexit auch einen Dominoeffekt für denkbar. Der Austritt weiterer Staaten aus der EU sei nicht auszuschließen: "Wie würden zum Beispiel die Niederlande reagieren, die traditionell sehr stark mit Großbritannien verbunden sind?" Bleibe es aber nur beim Ausstieg Großbritanniens, fürchtet Schäuble nicht um den Bestand der EU. "Europa wird zur Not auch ohne Großbritannien funktionieren."
Verabschieden sich die Briten aus der EU, kann die europäische Staatengemeinschaft nach Einschätzung des Finanzministers den Weg einer weiteren Vertiefung nicht weitergehen. "Wir könnten als Antwort auf einen Brexit nicht einfach mehr Integration fordern", sagte Schäuble und warnte: "Das wäre plump, viele würden zu Recht fragen, ob wir Politiker noch immer nicht verstanden haben." Auch wenn die Briten mit knapper Mehrheit gegen den Brexit stimmten, "müssen wir das als Mahnung und Weckruf verstehen, nicht einfach so wie bisher weiterzumachen".
Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte, "dass ein Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union für uns alle das Beste und Wünschenswerteste ist." Sie verwies bei einer Veranstaltung der Stiftung Familienunternehmen in Berlin auf eine sehr enge Kooperation, die gern im EU-Rahmen fortgesetzt werden sollte. Merkel betonte zugleich, dass es sich bei dem Referendum am 23. Juni um eine Entscheidung der britischen Bürger handele.
Quelle: ntv.de, wne/AFP/dpa