Politik

Noch ein offener Brief an Scholz "Wir dürfen die Ukraine nicht fallen lassen"

Tschernihiw im Norden der Ukraine: Ein Soldat der ukrainischen Armee sitzt vor einem zerstörten Wohnhaus.

Tschernihiw im Norden der Ukraine: Ein Soldat der ukrainischen Armee sitzt vor einem zerstörten Wohnhaus.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Bundeskanzler Scholz erreicht der zweite offene Brief innerhalb kürzester Zeit. Als Antwort auf eine Gruppe um Alice Schwarzer, die sich gegen die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausspricht, fordert nun eine Gruppe von Intellektuellen genau das. Es zähle "jeder Tag", so ihr dringender Appell.

Einen offenen Brief von Alice Schwarzer und weiteren Prominenten, die sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aussprechen, haben zahlreiche Autoren, Künstler und Politiker mit einem eigenen Brief gekontert. In dem von ihnen unterzeichneten Brief fordern unter anderem der Schriftsteller Daniel Kehlmann und die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller eine kontinuierliche Lieferung von Waffen an die Ukraine. Sie betonen, dass eine Unterscheidung zwischen "defensiven" und "offensiven" Waffen keine Frage des Materials sei: "In den Händen der Angegriffenen sind auch Panzer und Haubitzen Defensivwaffen, weil sie der Selbstverteidigung dienen."

Den offenen Brief, der in der "Zeit" veröffentlicht wurde, unterzeichneten 57 Künstler, Politiker und in der Öffentlichkeit stehende Personen, darunter die ehemalige Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der Comedian Wigald Boning, die Autorinnen Olga und Wladimir Kaminer und die Historikerin Hedwig Richter. Als Verantwortlicher angegeben ist zudem der Publizist und ehemalige Grünenpolitiker Ralf Fücks.

Die Unterzeichner fordern Bundeskanzler Scholz auf, die Entschließung des Bundestags für Waffenlieferungen an die Ukraine rasch in die Tat umzusetzen. Angesichts der fortgesetzten Bombardierung der Zivilbevölkerung und der humanitären Notlage zähle "jeder Tag".

Ausweitung der Sanktionen gefordert

Wer einen Verhandlungsfrieden wolle, der nicht auf die Unterwerfung der Ukraine unter die russischen Forderungen hinausläuft, müsse ihre Verteidigungsfähigkeit stärken und die Kriegsfähigkeit Russlands maximal schwächen, heißt es in dem Brief. "Das erfordert die kontinuierliche Lieferung von Waffen und Munition, um die militärischen Kräfteverhältnisse zugunsten der Ukraine zu wenden."

Die prominenten Unterzeichner, zu denen auch der Schriftsteller Maxim Biller und die deutsch-ukrainische Grünen-Politikerin Marina Weisband gehören, fordern zudem die Ausweitung ökonomischer Sanktionen auf den russischen Energiesektor "als finanzielle Lebensader des Putin-Regimes".

Es liege im Interesse Deutschlands, heißt es weiter, einen Erfolg des russischen Angriffskriegs zu verhindern. "Wer die europäische Friedensordnung angreift, das Völkerrecht mit Füßen tritt und massive Kriegsverbrechen begeht, darf nicht als Sieger vom Feld gehen." Russlands Angriff auf die Ukraine sei ein Angriff auf die europäische Sicherheit, heißt es später.

Nuklearkrieg als Drohung

Eine Drohung mit dem Atomkrieg sehen die Unterzeichner als Teil der "psychologischen Kriegsführung" Russlands. "Dennoch nehmen wir sie nicht auf die leichte Schulter", schreiben sie. Jeder Krieg berge das Risiko einer Eskalation zum Äußersten. "Die Gefahr eines Nuklearkrieges ist aber nicht durch Konzessionen an den Kreml zu bannen, die ihn zu weiteren militärischen Abenteuern ermutigen."

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner schließen ihren Appell mit den Worten: "Heute kämpft die Ukraine auch für unsere Sicherheit und die Grundwerte des freien Europas. Deshalb dürfen wir, darf Europa die Ukraine nicht fallen lassen."

Der Brief ist laut "Zeit" eine Reaktion auf einen kürzlich in der Zeitschrift "Emma" erschienenen offenen Brief, in dem diverse Intellektuelle und Künstler um die Herausgeberin Alice Schwarzer den Bundeskanzler aufgefordert hatten, der Ukraine nicht "weitere schwere Waffen" zu liefern. Der Brief stieß sowohl auf Kritik als auch auf Zustimmung. Zuletzt äußerte sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kritisch zu dem Brief.

Quelle: ntv.de, mpe

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