Politik

Umgang mit Russland "Wir wollten es nicht sehen", sagt Schäuble

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"Bemerkenswert" findet Schäuble die Haltung von Merkel zur früheren Russlandpolitik.

(Foto: imago images/Christian Spicker)

Stimmen, die vor einer zu großen Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energielieferungen warnen, gibt es nicht erst seit der Krim-Annexion. In der Bundesregierung finden sie aber kein Gehör. Während Alt-Kanzlerin Merkel die Entscheidungen früherer Jahre verteidigt, spricht CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble heute von Fehlern.

Der frühere Bundestagspräsident und Ex-Finanzminister Wolfgang Schäuble hat frühere Fehler im Umgang mit Russland eingeräumt. Auf die Frage, ob er wütend auf sich sei, sagte der CDU-Politiker dem "Handelsblatt": "Natürlich. Wir wollten es nicht sehen. Das gilt für jeden."

In seiner Zeit als Innenminister habe er mit seinem russischen Amtskollegen darüber gesprochen, wie man gemeinsam den islamistischen Terror bekämpfen könne. "Ich hätte mal gucken können, was Russland in Tschetschenien treibt. Oder auf den damaligen polnischen Staatspräsidenten Lech Kaczynski hören." Dieser habe nach Russlands Überfall auf Georgien gewarnt: "Erst kommt Georgien, dann die Ukraine, dann Moldawien, dann die baltischen Staaten und dann Polen. Er hat Recht behalten", sagte Schäuble.

Mit Blick auf Ex-Kanzlerin Angela Merkel sagte Schäuble, es sei bemerkenswert, "dass sie auch jetzt in Bezug auf Russland nicht sagen kann, dass wir Fehler gemacht haben". Im März hatte der einstige Finanzminister seine frühere Chefin noch gegen Kritik in Schutz genommen. "Ich habe es zu meinen Lebzeiten nicht mehr für möglich gehalten, in eine derartige Krise mit Russland zu kommen", sagte er damals der "Welt am Sonntag". Schon seit den 70er-Jahren sei das Bewusstsein für brenzlige Lagen geschwunden. "Deswegen ist es nicht ganz gerecht, Angela Merkels Rolle in der deutsch-russischen Energiepartnerschaft nun zu kritisieren."

Merkel selbst hatte noch Mitte Oktober die Energiepolitik der damaligen Bundesregierung verteidigt. Selbst im Kalten Krieg sei Russland ein verlässlicher Energielieferant gewesen, sagte sie auf einer Veranstaltung. "Ich hab nie daran geglaubt, dass es sowas gibt wie Wandel durch Handel, aber durchaus Verbindung durch Handel. Und insofern bereue ich Entscheidungen überhaupt nicht sondern glaube, dass es aus der damaligen Perspektive richtig war", erklärte die frühere Kanzlerin.

Zur Frage, ob seine Aufzählung der großen Kanzler - darunter Konrad Adenauer, Willy Brandt und Helmut Kohl - vollständig sei, sagte Schäuble nun: "Sie ist vorläufig abgeschlossen. Ob Frau Merkel unter den großen Kanzlern einzuordnen sein wird, das ist vielleicht noch zu früh, um das abschließend zu beurteilen."

Quelle: ntv.de, ino/dpa

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