Ideen für Etatkürzungen Wirtschaftsweise stellt sich hinter Lindner

Der Haushaltszoff stört die Sommerruhe der Ampel-Koalition. Finanzminister Lindner, der beim Etat nachverhandeln will, erhält dabei Unterstützung von einer Expertin. Diese macht auch gleich Vorschläge, wo gespart werden kann.
Die Wirtschaftsweise Veronika Grimm unterstützt Finanzminister Christian Lindner im koalitionsinternen Haushaltsstreit. "Gerade in der aktuellen Lage sollte die Regierung unbedingt vermeiden, einen angreifbaren Haushalt aufzustellen", sagte Grimm den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Es dürfe nicht zur Gewohnheit werden, die Gesetzeslage zu ignorieren. Wenn man die aktuellen Regeln für falsch halte, müsse man Mehrheiten organisieren, um "die Gesetzeslage zu ändern - in diesem Fall also die Schuldenbremse anzupassen".
Wenn das nicht schaffbar sei, sagte Grimm, "muss man als guter Demokrat den Ehrgeiz haben, die Regeln einzuhalten - oder die Verantwortung abgeben". Als Möglichkeit für weitere Einsparungen schlug die Ökonomin "weniger Subventionen und dafür mehr Anreize beim Klimaschutz" vor. Aktuell würden umfangreiche Zuschüsse für Solaranlagen oder Heizungssysteme vergeben, "die zum ganz großen Teil den Wohlhabenden in unserer Gesellschaft zugutekommen".
Die Wirtschaftsweise tritt auch für Kürzungen im Sozialetat ein. "Man könnte Anpassungen bei der Anspruchsberechtigung für die Rente ab 63 und bei der Witwenrente vornehmen", sagte sie. "Es ließen sich auch stärkere Sanktionen im Bürgergeld einführen, wenn man eine zumutbare Arbeit nicht annimmt." Das Arbeiten im unteren Einkommensbereich müsse sich lohnen.
Expertin warnt vor Aufweichung der Schuldenbremse
Grimm warnte, der Staat könne seine Handlungsfähigkeit verlieren, werde die Schuldenbremse aufgeweicht. "Der zusätzliche Spielraum wäre in Nullkomma nichts aufgebraucht und die Diskussionen gingen von vorne los", sagte die Wirtschaftsweise den Funke-Zeitungen. "So viel zusätzlichen Spielraum gibt es auch gar nicht, wenn wir die Schuldentragfähigkeit erhalten wollen." Bei mehr als acht bis zwölf Milliarden Euro Schuldenaufnahme im Jahr "wären irgendwann die Kapitalmärkte eine natürliche Schuldenbremse". Die Ökonomin betonte: "Das wäre nicht gut, denn die Kapitalmärkte kennen keine Notfallregel für Ausnahmesituationen. Man wäre dann also in Krisen nicht mehr handlungsfähig." Das wünsche sich niemand.
Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck und Lindner hatten Anfang Juli verkündet, einen Kompromiss zum Haushalt gefunden zu haben. Vom FDP-Finanzminister beauftrage Gutachter sehen aber verfassungsrechtliche und ökonomische Risiken bei einigen Plänen. Insbesondere aus der SPD kam heftige Kritik, dass Lindner die Gutachten öffentlich gemacht hat und nicht erst intern das Gespräch gesucht habe. Der FDP-Chef setzt nun auf Nachverhandlungen.
Verfassungsrechtliche Bedenken gibt es demnach gegen eine Nutzung von eigentlich für die Gaspreisbremse eingeplanten Mitteln der Förderbank KfW für andere Zwecke. Deswegen gibt es nach Angaben von Bundesfinanzminister Christian Lindner im Etatplan für 2025 eine Lücke von rund fünf Milliarden Euro, die noch geschlossen werden müsse. Insgesamt geht es um eine zu schließende Lücke von neun Milliarden Euro. Weitere von der Regierung vorgesehene Finanzierungsinstrumente sind die Umwidmung von Zuschüssen an die Deutsche Bahn und die Autobahn GmbH in Darlehen, die zurückgezahlt werden müssten. Auch hierüber gibt es Debatten. Aus dem Finanzressort wurde statt eines Darlehens eine Eigenkapitalerhöhung für die Deutsche Bahn als Option genannt.