Flüchtlingslager getroffen Zahlreiche Tote bei Luftangriff in Rafah
27.05.2024, 00:36 Uhr
Israels Militär will eine Hamas-Basis in Rafah angreifen - trifft aber offenbar auch ein Flüchtlingslager. Es soll Dutzende Tote geben, die Rettungsarbeiten dauern an. Die Armee kündigt eine Untersuchung an.
Bei einem israelischen Luftangriff auf die Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens sind nach palästinensischen Angaben Zelte von Vertriebenen getroffen und zahlreiche Menschen getötet worden. In einer Rettungsstelle habe man "Dutzende Verletzte und mehr als 15 Tote" gezählt, schilderte die Organisation Ärze ohne Grenzen. Andere Quellen im Gazastreifen sprachen von mehr als doppelt so vielen Toten. Bei der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde war die Rede von 35 Toten. Die Angaben lassen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.
Unklar sei derzeit, wie viele Menschen sich noch in eingestürzten oder brennenden Zelten in dem betroffenen Viertel Tal al-Sultan befinden. Es liegt rund zwei Kilometer nordwestlich vom Zentrum von Rafah. Auf Aufnahmen vom Schauplatz sind massive Zerstörungen und Feuer zu sehen.
Das israelische Militär bestätigte auf X den Angriff. Er habe einem Komplex der Islamistenorganisation Hamas gegolten und sei im Einklang mit dem Völkerrecht erfolgt. Der Geheimdienst habe vor dem Angriff bedeutende Hamas-Terroristen auf dem Gelände ausgemacht. Neben Jassin Rabia, dem maßgeblichen Kopf hinter den Terroraktivitäten der Hamas im Westjordanland, sei auch der ranghohe Hamas-Terrorist Chaled Nagar getötet worden. Beide seien maßgeblich an der Planung und Finanzierung von Anschlägen beteiligt gewesen und hätten das Leben israelischer Soldaten auf dem Gewissen. Der Luftschlag sei mit Präzisionsmunition ausgeführt worden, hieß es weiter. Die Berichte über zivile Opfer würden überprüft.
Der Palästinensische Rote Halbmond meldete, die bei dem Luftangriff getroffene Gegend sei von Israel selbst als eine humanitäre Zone ausgewiesen worden. Tal al-Sultan gehört nicht zu den Arealen, zu deren Räumung die israelische Armee vor Beginn ihrer Offensive auf Rafah Anfang Mai aufgerufen hatte. In die Stadt und deren Umgebung war vor dem Start der israelischen Militäroperation mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens vor den Kämpfen geflohen. Zehntausende Menschen halten sich noch im Großraum Rafah auf, während viele andere geflohen sind.
Ärzte ohne Grenzen: "Gazastreifen ist nirgends sicher"
Erst am Freitag hatte der Internationale Gerichtshof Israel zu einem Stopp der Militäroffensive in Rafah aufgefordert und damit einem Eilantrag Südafrikas teilweise stattgegeben. Entscheidungen des Weltgerichts sind bindend. Allerdings besitzen die UN-Richter keine Machtmittel, um einen Staat zur Umsetzung zu zwingen.
Israels Militär setzte den Einsatz trotz des Aufrufs des höchsten UN-Gerichts fort. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu betont, dass die Streitkräfte Rafah einnehmen müssten, um verbliebene Einheiten der Hamas zu beseitigen und die radikalislamische Gruppe völlig in die Knie zu zwingen. Verteidigungsminister Joav Galant hielt sich am Sonntag im Großraum Rafah auf. Er sei über eine "Vertiefung der Operationen" unterrichtet worden, teilte sein Büro mit.
Quelle: ntv.de, ino/AP/dpa